Höhenwanderweg in Ligurien:Im Paradies der Eigenbrötler

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Oberhalb der so berühmten wie überfüllten Dörfer Cinque Terre entdecken Wanderer in den Ausläufern des Appenin ein ganz anderes Ligurien. Auf Menschen trifft man eher selten.

Helmut Luther

Ein Pfad ist auf der kümmerlichen Grasnarbe nicht erkennbar. Luciano Bonati, in grüner Wanderkluft, klein gewachsen und durchtrainiert, geht voraus. Im Zickzack wieselt der 72-Jährige den steilen Hang hinauf. Als der Kamm unter dem Monte Castellaro fast erreicht ist, bleibt Bonati plötzlich stehen. Er hat am Boden ein schwarzgraues Häuflein entdeckt.

Cinque Terre Appenin Ligurien Italien

Oberhalb der Cinque Terre beginnt das unberührte Hinterland der ligurischen Küste.

(Foto: dpa-tmn)

Nichts Besonderes, ein ausgebleichter Wollklumpen, möchte man meinen, aber der Wanderführer ist überzeugt, dass es sich um Wolfslosung handelt. "Damit markieren die Tiere ihr Revier", sagt Luciano Bonati und verstaut die wölfische Hinterlassenschaft im Rucksack - eingepackt in einen Plastikbeutel, in dem gerade noch sein Salamibrötchen steckte. Er habe einmal eine derartige Probe zur Untersuchung an die Universität von Bologna geschickt, erzählt Bonati. "Die Wissenschaftler bestätigten: Hier in den Bergen sollen zwei Rudel herumstreifen."

Platz genug gäbe es jedenfalls. Der ligurische Apennin zwischen Genua und La Spezia ist dünn besiedelt. Während sich in den Cinque Terre, jenen fünf Küstendörfern auf gerade einmal 20 Kilometern, die Massen drängeln, gibt es im zerklüfteten Landesinneren wenig Tourismus.

Einige Hartgesottene durchqueren die Region mit schwerem Gepäck auf der Alta Via dei Monti Liguri. Aber auch wer nur einige Etappen der 442 Kilometer langen Fernwanderroute zurücklegt, sollte gut mit der Karte umgehen können. Denn anders als in den Alpen gibt es hier keinen Schilderwald, der ans Ziel lenkt. Unterkünfte oder Einkehrmöglichkeiten entlang der Pfade sind selten.

Luciano Bonati, pensionierter Journalist und Mitglied des italienischen Alpenvereins, ist oft im grünen Hinterland La Spezias unterwegs. Bonati, der mit 17 die Schule verlassen hat, erzählt ziemlich viel, vor allem über die Geschichte seiner Region. Um geistig fit zu bleiben, schreibe er auch weiterhin für ein lokales Blatt. "Aber ich bin wie ein Bauer, der im Weinkeller nur dann arbeitet, wenn draußen schlechtes Wetter herrscht."

An diesem Frühlingstag ist das Gegenteil der Fall. Bonati wandert bei Zignago nördlich über dem Vara-Tal, die weit verstreute Gemeinde zählt etwas mehr als 500 Einwohner. Die Sonne brennt schon früh auf die Südhänge - über Nacht hat die Tramontana den Himmel blank gefegt. Wilder Thymian und Rosmarin duften, Ginster sprüht gelb, im Aufwind hoch am Himmel kreist ein Bussard.

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