Alexander Scheutz hat das Privileg, Bürgermeister des Alpenland-Idylls Hallstatt zu sein, das zum Weltkulturerbe der Unesco zählt. Doch nun hat er herausgefunden, dass ein chinesisches Bauunternehmen den österreichischen 800-Seelen-Ort Hallstatt samt dem Hallstättersee nachbauen will - und dafür offensichtlich heimlich sein Dorf vermessen hat. In der wohlhabenden Provinz Guangdong soll eine exakte Kopie des Ortes entstehen.
China: Heimlicher Nachbau:Ein Dorf ist süß-sauer
Das österreichische Dorf Hallstatt gefiel chinesischen Architekten so gut, dass sie es heimlich in China nachbauten. Während im Salzkammergut der Ärger größer als die Freude ist, hat eine spanische Kleinstadt mit ihrem chinesischen Plagiat kein Problem.
SZ: Herr Scheutz, die Chinesen haben Hallstatt ausspioniert. Sind Sie sauer?
Alexander Scheutz: Nein, nur überrascht, dass die Planungen hinter unserem Rücken liefen. Die Chinesen haben mich zwar vor einem Monat angesprochen aber ich wusste nicht, dass ihr Projekt schon so weit fortgeschritten ist.
SZ: Wie haben Sie davon erfahren?
Scheutz: Eine Hallstätter Hotelbesitzerin hatte vor 14 Tagen eine Chinesin zu Gast, die ununterbrochen an ihrem Laptop gearbeitet hat. Einmal hat sie die Frau darauf angesprochen, warum sie denn im Urlaub so viel arbeiten müsse. Die meinte: Ah, das mache ich gerne und es betrifft auch Hallstatt. Dann hat sie ihr ganz detaillierte Pläne des Ortes gezeigt. Vom Marktplatz und von ihrem Hotel. Die Maße der Häuser und selbst der Balkone waren dort angegeben. Die Hallstätterin war schockiert, hat heimlich die Daten kopiert und ist damit gleich zu mir gekommen.
SZ: Heimlich?
Scheutz: Ja, sie hat die Chinesin gefragt, ob sie sich die Bilder mal auf dem PC anschauen darf. Die Chinesin hat ihr einen USB-Stick gegeben, den sie dann sofort kopiert hat.
SZ: Ganz schön ungeschickt von der Chinesin.
Scheutz: Ja, es ist alles ein bisschen skurril. Das ist so dilettantisch, dass man meint, dahinter könnte Absicht stecken.
SZ: Welche denn? Ein geschickter PR-Zug, um das chinesische Hallstatt in Europa bekannt zu machen?
Scheutz: Na, vielleicht haben sie es uns zugespielt, damit wir hier schon darüber diskutieren. Im Juli kommt nämlich eine chinesische Delegation zu Besuch.
SZ: Die möchte vielleicht, dass Sie einen zweiten Amtssitz in China einrichten.
Scheutz: Das würde ich sicher nicht machen. Da geht es mir in Österreich besser. Nein, die schlagen uns eine Zusammenarbeit vor, in der wir über Umweltschutz und Tourismus reden. Die haben sogar eine Städtepartnerschaft vorgeschlagen, aber da war ich gleich skeptisch. Eine Stadt mit 820000 Einwohnern, das übersteigt unsere Möglichkeiten.
SZ: Mal ehrlich, kann man Ihr Dorf überhaupt richtig nachbilden?
Scheutz: Die Chinesen werden es sicher nicht schaffen, unsere Dorfgemeinschaft nachzuempfinden. Der Menschenschlag gibt dem Ort seinen Charakter, und auf engstem Raum muss man sich eben vertragen. Aber die Pläne sehen gut aus, wie das Original. Die Kopie soll das Zentrum einer Villensiedlung werden.
SZ: Bei der Konkurrenz sollte vielleicht auch Hallstatt mal über seine Zukunft nachdenken.
Scheutz: Unser Ort ist in Asien so populär. Vor einigen Jahren wurde eine asiatische Fernsehserie bei uns gedreht. Seitdem kommen die Touristen und stellen Szenen nach und fotografieren sich gegenseitig auf dem Bootssteg. Ich glaube, die wollen in Zukunft immer noch das Original sehen.
SZ: Was können die Chinesen denn besser machen als im echten Hallstatt?
Scheutz: Ich glaube, besser machen können die nichts.
Interview: Thomas Körbel