Ende der Reise:Flucht in die Karibik

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Corona macht alle gleich? Mitnichten. Auch wenn Stars und Reiche das jetzt gerne behaupten. Denn zwischen der Yacht auf den Grenadinen und der Luxuswohnung in New York lässt sich das Virus ganz gut aussitzen - der Shitstorm trifft sie dennoch.

Von Jochen Temsch

Corona macht jetzt sogar die Reichen nachdenklich. Beispielsweise die Popsängerin Madonna. Nackt und perfekt geschminkt in der Badewanne zwischen treidelnden Rosenblättern sitzend, philosophierte sie neulich auf Instagram, das Virus sei "ein großer Gleichmacher". Es könne jeden treffen, egal wie reich oder klug man sei. Dass das Virus alle Menschen gleich behandle, sei schrecklich und wunderbar zugleich. Die Frau, deren Vermögen auf etwa 800 Millionen Dollar geschätzt wird, konnte dieses Video nicht so schnell löschen, wie ein Shitstorm über sie hereinbrach. Dass sie mal aus dem Fenster ihres Apartments im New Yorker Millionärskiez Upper East Side schauen sollte, war noch der harmloseste Hinweis irritierter Follower.

Vielleicht hat ihr aber auch jemand gesteckt, dass sie gar nicht so melancholisch sein muss. Denn natürlich stimmt die These vom großen Gleichmacher nicht ganz. Zum einen, weil man schon seit George Orwell weiß, dass zwar alle Menschen gleich sind, aber manche gleicher als gleich. Zum anderen, weil die Gleicheren durchaus Möglichkeiten haben, die Härten der Krise abzufedern. "Corona-Ferien" ist ein Euphemismus für Home-Office-Arbeiter, die mit Lebensgefährten und Kindern in engen Wohnungen sitzen und den Laden am Laufen halten müssen. Für die Reichen eröffnet die Notwendigkeit des Social Distancing viel weitere Perspektiven.

Die öffentlichen Verkehrsmittel der wohlhabenden Amerikaner, die Linienflüge, erscheinen vielen jetzt als zu unsicher. Stattdessen nehmen sie ihre Privatjets in die Hamptons und lassen sich auf ihren Anwesen von Lieferdiensten per Helikopter versorgen. Beliebt ist auch die Flucht aufs Wasser. Der 77-jährige Milliardär David Geffen beispielsweise postete ein Foto seiner 590-Millionen-Dollar-Yacht vor Sonnenuntergang und schrieb dazu: "Isoliert auf den Grenadinen, um dem Virus zu entgehen. Ich hoffe, dass alle in Sicherheit sind." Blöd nur, dass sich viele Reiche wie er in der Karibik in Sicherheit bringen wollen, da könnte es bald eng werden an den Ankerplätzen in den türkisfarbenen Buchten. Und wer jetzt noch keine Privatinsel hat, bekommt auch keine mehr auf dem erhitzten Luxus-Immobilienmarkt.

Gut, was man immer machen kann, ist zu versuchen, eine Ausnahmegenehmigung für einen Urlaub in Bayern zu erwirken, wie der thailändische König, der zurzeit in einem Grand Hotel in Garmisch-Partenkirchen weilt. Oder, vermutlich kostengünstiger, eine Weltreise im Privatflugzeug ins Auge zu fassen. Ein österreichisches Unternehmen hat dazu ein passendes Angebot für November: 24 Tage rund um den Globus für 75 900 Euro pro Person - Minimierung des Gesundheitsrisikos inklusive.

Doch sollten sich auch Reiche genau überlegen, wohin sie sich zurückziehen. Schrecklich normale Nachrichten erreichen uns bereits aus den Supermärkten der Promi-Insel Nantucket vor Cape Cod: Es gibt kein Klopapier mehr.

© SZ vom 02.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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