Zugausfälle und Verspätungen:Bahnstreik legt zur Ferienzeit Verkehr lahm

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Die Lokführergewerkschaft GDL startet den härtesten Arbeitskampf seit Jahren. Am Mittwoch und Donnerstag fallen bundesweit 75 Prozent der Züge aus.

Von Markus Balser, Frankfurt

Mitten in der Ferienzeit trifft ein Bahnstreik Millionen Berufspendler und Urlauber. Schon von diesem Mittwochmorgen um 2 Uhr an legt die Gewerkschaft den Personenverkehr bundesweit für 48 Stunden lahm. Das kündigte GDL-Chef Claus Weselsky am Dienstag in Frankfurt nach einer Urabstimmung unter Mitgliedern an. Erst am Freitagmorgen soll sich der Zugverkehr normalisieren. Bis dahin fallen nach Angaben des größten deutschen Staatskonzerns 75 Prozent aller Züge aus.

Damit läuft der härteste Arbeitskampf bei der Bahn seit Jahren an. Ein Notfahrplan könne nur auf den wichtigsten Trassen Verbindungen alle zwei Stunden anbieten, erklärte die Bahn. Priorität hätten die Anbindung wichtiger Bahnhöfe und Flughäfen und die viel befahrenen Strecken vom Ruhrgebiet und Rheinland nach Berlin und zwischen Hamburg und Frankfurt. Mit dem Streikende vor dem Wochenende wolle die GDL den Reiseverkehr "nicht zu stark zu beeinträchtigen", teilte die Gewerkschaft mit.

Der Zeitpunkt des Streiks löste bei der Bahn dennoch Empörung aus. In einer Zeit, wo viele reisten und im Urlaub seien, sei ein Streik "völlig unangemessen", sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler. Der durch die Corona-Krise angeschlagene Konzern hatte der GDL zuletzt Lohnerhöhungen in zwei Schritten angeboten: 1,5 Prozent zum 1. Januar 2022 und 1,7 Prozent zum 1. März 2023, bei einer Laufzeit bis Ende Juni 2024. Der GDL reicht dies nicht aus. Sie fordert eine Lohnerhöhung bereits in diesem Jahr, eine kürzere Laufzeit und etwa einen Corona-Bonus von 600 Euro.

Wirtschaftsverbände reagieren empört

Der Arbeitskampf eskaliert jedoch vor allem, weil es für die GDL um einen Machtkampf mit der größeren Konkurrenzgewerkschaft EVG geht. Die Bahn sieht sich gezwungen, erstmals das Tarifeinheitsgesetz anzuwenden. Danach gilt ein Tarifvertrag nur dort, wo die jeweilige Gewerkschaft die Mehrheit hat. Laut Bahn hat die GDL diese nur in 16 von 300 Einzelbetrieben des Konzerns. Die GDL macht deshalb auch mehr Einfluss in weiteren Konzernteilen zur Bedingung für Verhandlungen. Die Bahn lehnt das bislang ab.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) forderte beide Seiten auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Auch Wirtschaftsverbände warnten vor den Folgen des Streiks - etwa im Güterverkehr. "Mit ihrem Handeln gefährdet die GDL die ohnehin schwierige Erholung der Wirtschaft", sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. Unternehmen bräuchten Planungssicherheit.

Insider fürchten aber bereits, dass der ersten Streikwelle weitere folgen. Sie rechnen mit einem Szenario, das so schlimm wird wie zwischen September 2014 und Mai 2015, als die GDL den größten deutschen Staatskonzern mit vielen Hundert Streikstunden und in mehreren Wellen lahmlegte und schließlich in die Knie zwang. Von zehn Millionen Euro Ausfall pro Streiktag war damals die Rede. Ob schon in der kommenden Woche weiter gestreikt werde, ließ die GDL offen. Die Finanzen der GDL reichten für einen sehr langen Streik aus, kündigte Weselsky an. Er habe aber nicht vor, das auszureizen.

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