Zentralrat lässt Stiftungsarbeit ruhen:Neuer Streit um Vertriebene

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Post für Kulturstaatsminister Neumann: Zwei Vertriebenenvertreter im Stiftungsgremium sollen seltsame Ansichten zur deutschen Vergangenheit vertreten - inakzeptabel für den Zentralrat der Juden.

S. Höll

Aus Protest gegen die Berufung zweier umstrittener Vertriebenen-Funktionäre in die Spitze der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" stellt der Zentralrat der Juden seine Mitarbeit in dem Gremium vorerst ein. Der Zentralrat teilte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) mit, er erwäge, sich komplett zurückzuziehen. Grund sind umstrittene Äußerungen der beiden Mitglieder des Bundes der Vertriebenen (BdV), Arnold Tölg und Hartmut Saenger, die im Sommer vom Bundestag in den Stiftungsrat entsandt worden waren.

Neue Probleme mit der Vertriebenen-Stiftung: Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) (Foto: ddp)

Der Zentralrat hatte sich bereits im Sommer beschwert und erklärt, die Berufung der beiden sei mit dem Versöhnungsauftrag der Stiftung nicht vereinbar. Seither habe es zwar Diskussionen über diese Personalia gegeben, aber keine "nennenswerte substantielle Bewegung oder gar erkennbare Revision dieser Entscheidung", heißt es nun in dem Schreiben an Neumann. Der Zentralrat stellt bislang zwei Mitglieder im Rat der Stiftung, über dessen Zusammensetzung es zuvor jahrelangen Streit zwischen der Bundesregierung und dem BdV gegeben hatte.

Saenger soll in einem Zeitungsartikel Polen, Großbritannien und Frankreich eine Mitschuld am Zweiten Weltkrieg gegeben haben. Tölg wird angelastet, er habe deutsche Verbrechen im Nationalsozialismus relativieren wollen. Aus den Reihen der SPD war deshalb gegen beide der Vorwurf des Revanchismus erhoben wurde, den Tölg im Sommer jedoch öffentlich zurückgewiesen hatte.

Naumann nennt Äußerungen "nicht akzeptabel"

Kulturstaatsminister Neumann erklärte, er bedauere den Schritt des Zentralrates, der bislang zwei Mitglieder im Stiftungsrat stellt, und äußerte die Hoffnung, dass der Rat seine Entscheidung überdenkt. Er nannte die Äußerungen der beiden Vertriebenen-Vertreter "nicht akzeptabel".

Dennoch halte er den Beschluss des Zentralrates für falsch. Die Zusammensetzung des Stiftungsrates sei ein Garant dafür, dass der Zweck der Stiftung verwirklicht werde, "im Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das Gedenken an Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert im historischen Kontext des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik und ihrer Folgen wachzuhalten".

Neumann verwies darauf, dass die katholische und die evangelischen Kirche zur Mitarbeit im Stiftungsrat bereit seien. Alsbald werde ein Entwurf für die Konzeption einer Dokumentationsstätte vorliegen.

© SZ vom 07.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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