Wohnen im Alter:Überlastet durch die Miete

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Immer mehr Rentner müssen hohe Wohnkosten verkraften. Vor allem eine Gruppe trifft das besonders hart.

Von Edeltraud Rattenhuber, München

Die steigenden Mieten werden für immer mehr Rentnerinnen und Rentner zu einem existenziellen Problem. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA) haben 38 Prozent der Haushalte älterer Mieter derart mit den hohen Wohnkosten zu kämpfen, dass sie sogar als "überbelastet" gelten. Das heißt, sie verwenden 40 Prozent oder mehr ihres monatlichen Einkommens auf die Zahlung der Miete. Zum Vergleich: 1996 lag der Anteil der durch Mieten "überbelasteten" Rentner-Haushalte noch bei 22 Prozent. Wenn nicht gegengesteuert werde, werde sich diese Entwicklung weiter fortsetzen, prophezeien die Autoren der Studie. Sie empfehlen eine stärkere Förderung von Wohneigentum und den Bau von Sozialwohnungen.

Zwei Drittel der Mieter in Rente zahlen 30 Prozent oder mehr ihres Einkommens fürs Wohnen

Bedrohlich sind die Mietsteigerungen vor allem für Menschen mit geringen finanziellen Mitteln. Sie lebten deutlich häufiger zur Miete als andere in dieser Altersklasse, sagt Laura Romeu Gordo, stellvertretende Forschungsleiterin am DZA und Mitautorin der Studie. So besitzen unter den 20 Prozent Rentnern mit den niedrigsten Einkommen 66 Prozent kein Eigenheim. Sie trifft der Anstieg der Mieten besonders hart. Aber auch Rentnerinnen und Rentner mit höheren Einkommen ächzen unter der Entwicklung. Während 1996 etwa 38 Prozent der älteren Mieterhaushalte knapp ein Drittel ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben mussten, gilt das heute bereits für zwei Drittel. Wer im Alter allein lebt - und das sind oft Frauen - kommt mit dieser hohen Belastung kaum zurecht.

Markus Grabka, Verteilungsforscher am DIW Berlin, betont, dass die Belastungen durch Wohnkosten nicht nur bei jenen gestiegen seien, die jüngst umgezogen sind. Auch Bestandsmieter seien davon betroffen. Diese lebten häufig in älteren Immobilien, die saniert werden müssten, was zu starken Mietsteigerungen führen könne. Die Autoren sehen in den Mieten einen großen Faktor für die zunehmende Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich. "Wenn man sich die Entwicklung der Alterseinkommen und die Entwicklung der Mietpreise in den letzten etwa 15 Jahren vor Augen führt, so geht dort eine Schere auseinander, da sich die Alterseinkommen wesentlich schwächer entwickeln als die Mietkosten und auch die Immobilienpreise", sagt Grabka. 2016 gaben Rentner-Haushalte im Schnitt 34 Prozent ihres Einkommens für Miete plus Nebenkosten aus. Eigentümerhaushalte mussten dagegen nur 15 Prozent ihres Einkommens für die Wohnkosten aufwenden (siehe Grafik). Unter Älteren gibt es heute zwar anteilig mehr Eigentümerhaushalte als noch vor 20 Jahren, da immer mehr Ältere aus den höheren Einkommensgruppen laut Studie Wohneigentum besitzen. Von den Haushalten mit niedrigen Einkommen dagegen wohnt die Mehrheit zur Miete.

An einer Förderung des Wohneigentums kommt der Staat nach Meinung der Autoren daher nicht vorbei, um nachhaltig gegenzusteuern. Diese Maßnahme würde sich allerdings erst langfristig auswirken, da man sich in der Regel eher in jüngeren Jahren für einen Wohnungs- oder Häuserkauf entscheidet. "Ein zweiter Ansatz ist, für ausreichende Einkommen der Betroffenen zu sorgen", sagt Grabka, "die dynamisierte Anpassung des Wohngelds, die die Bundesregierung plant, ist sicherlich ein Schritt in diese Richtung." Die dritte Stellschraube sei der soziale Wohnungsbau. Es müssten viel mehr Sozialwohnungen gebaut werden, vor allem in und um Großstädte, empfehlen die Autoren der Studie. "Hierbei sind die Bedürfnisse älterer Menschen zu bedenken, zum Beispiel kleine, barrierefreie Wohnungen", meint Laura Romeu Gordo. Bedacht werden müsse auch, dass gerade Ältere auf ihre sozialen Kontakte angewiesen seien, sodass Sozialwohnungen nicht nur in bestimmten, abgeschotteten Vierteln gebaut werden sollten.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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