Wikileaks: Diplomaten-Affäre:Destruktive Depeschen

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Woher stammen die amerikanischen Geheimdokumente? Wie aussagekräftig sind Urteile über Teflon-Merkel und den arroganten Westerwelle? Und was können sie anrichten? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Wikileaks-Enthüllung im Überblick.

Michael König

Die Menschen hinter der Internetplattform Wikileaks haben sich nicht auf ihre Medienpartner verlassen, um dem Skandal einen Namen zu geben: Die Adresse der Datenbank, die knapp 250.000 zum Teil geheime Dokumente des US-Außenministeriums im Internet zugänglich macht, lautet http://cablegate.wikileaks.org.

Wikileaks - Internetseite

Die Internetseite von Wikileaks mit einer Depesche, in der Bundeskanzlerin Merkel (CDU) mit "Angela 'Teflon' Merkel" betitelt ist. Für die Bundesregierung sind die Analysen "nicht sehr interessant" und "eher auf einem Niveau des Lästerns" einzuordnen.

(Foto: dpa)

Was sind Cables?

Cable steht für Kabel, ein veraltetes Wort für ein Telegramm. Und die Endung -gate ist eine Anspielung auf die Watergate-Affäre, die 1974 den US-Präsidenten Nixon zu Fall brachte. Ob die Wikileaks-Veröffentlichungen eine ähnliche Sprengkraft haben, ist noch unklar. In jedem Fall schaden sie den USA, denn diese Kabel-Nachrichten sollten nie die Öffentlichkeit erreichen.

Die Erstellung solcher Depeschen ist so alt wie die Diplomatie selbst: Seit einigen Jahrhunderten hören sich Abgesandte im Ausland um, sammeln ihre Erkenntnisse und übertragen sie an die zuständigen Stellen in ihrer Heimat. Obwohl das längst nicht mehr per Telegramm geschieht, sprechen Diplomaten noch immer davon, Depeschen zu "kabeln", also durch die Telefonleitung zu schicken.

Die Berichte werden oft von Botschaftern oder Konsuln in den jeweiligen Ländern verfasst - viel häufiger jedoch von ihren Mitarbeitern. Sie enthalten Einschätzungen zur politischen Lage, Hintergrundinformationen oder auch Persönlichkeitsstudien einzelner Politiker.

Je nach Brisanz der Depeschen werden sie unterschiedlichen Geheimhaltungsstufen zugeordnet. Gut die Hälfte der jetzt veröffentlichten Kabel unterliegt keiner Geheimhaltungsstufe, etwa 40 Prozent sind als "vertraulich" eingestuft und sechs Prozent als "geheim". Ein vergleichsweise kleiner Teil - etwa 4000 der insgesamt knapp 250.000 Dokumente - trägt den Vermerk "secret/noforn" (no foreigners). Sie sind so brisant, dass sie auf keinen Fall in die Hände von Ausländern gelangen sollen.

Dass sie nun der ganzen Welt zugänglich sind, ist für die Amerikaner schmerzlich - auch wenn viele Depeschen nicht mehr sind als äußerst subjektive Eindrücke von Diplomaten.

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