Wer profitiert?:Kostenlos geht nicht mehr

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Social-Media-Plattformen fürchten die neuen Regeln aus Brüssel. Denn in Zukunft müssten sie erheblich mehr Aufwand treiben, um zu verhindern, dass Urheberrechte verletzt werden.

Von Max Muth

Besonders um zwei Artikel der geplanten EU-Urheberrechtsrefom gibt es Streit. Betroffen wären von den Artikeln 11 und 13 der Reform vor allem Inhalteanbieter und Rechteinhaber im Internet. Auf der einen Seite stehen von der EU sogenannte "Information Society Service Providers" - also Nachrichtensammelseiten wie Google News oder Social-Media-Plattformen wie Youtube oder Facebook, auf der anderen Seite mehrheitlich Medienverlage. Im Kern beklagen die Verlage, dass die kostenlose Verwendung der von ihnen verlegten urheberrechtlich geschützten Werke im Internet ihr Geschäftsmodell zerstört.

Artikel 11 und 13 sollen dem auf zweierlei Art entgegenwirken. Artikel 11 würde ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse etablieren. Dieses soll verhindern, dass Online-Plattformen wie Google oder Apple kurze Ausschnitte von Nachrichten kostenlos zeigen, was den Verlagen nach deren Argumentation Leser - und damit Werbeeinnahmen - entzieht. Ausnahmen sollen nur für Links und "sehr kurze Textausschnitte" gelten, wobei noch ungeklärt ist, wie kurz "sehr kurz" ist. Die Texte, die Google News heute anzeigt, wären der Verlegerseite allerdings zu lang.

Artikel 13 dagegen verschiebt die Verantwortung für Urheberrechtsverletzungen von Nutzern, die einen Inhalt bei Facebook, Youtube oder ähnlichen Plattformen hochladen, hin zu deren Betreibern. Bislang sind diese lediglich zur Löschung der Inhalte verpflichtet.

Seriöse Schätzungen über zu erwartende Einnahmen oder Verluste gibt es nicht

Für die Internetplattformen bedeuten die beiden Artikel 11 und 13 deutlich erschwerte Bedingungen. Artikel 13 droht ihnen mit empfindlichen Strafen, wenn ihre Nutzer Urheberrechte verletzen. Die Plattformen werden also mehr Aufwand betreiben, um das zu verhindern - vor allem wohl mit den umstrittenen Upload-Filtern.

Gemäß Artikel 11 müssten sie die Verlage für die Nutzung von Textausschnitten auf Seiten wie Google News entschädigen. Ein ähnliches Gesetz in Spanien hatte etwa dazu geführt, dass Google dort seinen News-Dienst komplett einstellte, in Deutschland drohte Google 2013 nach dem Inkrafttreten eines ähnlichen Gesetzes, die Verlagstexte gar nicht mehr anzuzeigen - die Verleger stellten sie daraufhin wieder kostenlos zur Verfügung, aus Angst vor Reichweitenverlusten.

Seriöse Schätzungen über zu erwartende Einnahmen oder Einnahmeverluste gibt es bisher nicht. Laut einer Berechnung der IT-Nachrichtenseite golem.de würde auch ein verbindliches, europaweites Leistungsschutzrecht den wenigsten Verlagen weiterhelfen. Nur der Axel-Springer-Verlag dürfte demnach mit signifikanten Einnahmen rechnen (wohl zwei Drittel der Summe), alle anderen Verlage konkurrierten um den Rest.

Beide Seiten kämpfen dennoch mit harten Bandagen. Die Verlegerseite wirft den Gegnern der Reform teilweise vor, von Lobbygruppen aus den USA gesteuerte Bots, also Automaten, einzusetzen. Dabei stützte sie sich vor allem auf eine umstrittene Studie, der zufolge übermäßig viele Twitternachrichten zur Urheberrechtsreform von Washington aus abgesetzt wurden. Allerdings stellte sich das als ein Interpretationsfehler des benutzten Analysediensts heraus. Die Reformgegner nutzen den Vorwurf indes seitdem als Mobilisierungswerkzeug. Einer ihrer Schlachtrufe lautet: "Wir sind keine Bots!"

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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