Die Gespräche über das umstrittene iranische Atomprogramm zwischen Teheran und den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland sollen am 7. und 8. November fortgesetzt werden. Dies teilte die EU-Außenbeauftragte und Verhandlungsführerin Catherine Ashton nach Abschluss zweitägiger Gespräche in Genf mit.
Ashton würdigte die Vorschläge Irans als "wichtigen Beitrag". Auch Iran zeigte sich zufrieden. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bezeichnete die Gespräche als "umfangreich und fruchtbar". Beide Seiten seien ernsthaft daran interessiert, eine Lösung zu finden.
Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach von ernsthaften, substanziellen Gesprächen. "Wir wollen das nun zügig fortführen", sagte er in Berlin. "Die Genfer Gespräche stärken unsere Hoffnung, dass eine diplomatische Lösung möglich ist, die unsere Sorgen über die Natur des iranischen Atomprogramms vollständig ausräumt."
Am Vortag hatte Iran neue Vorschläge bei den Atomgesprächen in Genf unterbreitet. Teheran beharrt zwar auf sein Recht auf ein friedliches Atomprogramm einschließlich Urananreicherung, ist nach eigener Darstellung aber bereit, die Anreicherung zu begrenzen und die Atomanlagen einfacher kontrollieren zu lassen. Aus Diplomatenkreisen verlautete, dass das Land zudem die Zahl der Zentrifugen für die Anreicherung beschränken wolle.
Israel: "Man sollte Iran an seinen Handlungen messen"
Zweifel an den Vorschlägen von iranischer Seite äußerte dagegen Israel. Das Land hat nach der sich andeutenden Annäherung im Atomstreit mit Iran die westlichen Staaten aufgefordert, ihre Sanktionen gegen die Islamische Republik aufrecht zu halten. "Iran sollte an seinen Handlungen gemessen werden und nicht an seinen Vorschlägen", sagte ein hochrangiger israelischer Regierungsvertreter. "So lange keine substanziellen Schritte unternommen sind, die beweisen, dass Iran sein militärisches Nuklearprogramm abbaut, muss die internationale Gemeinschaft an ihren Sanktionen gegen das Land festhalten."
Bis zu der neuen Verhandlungsrunde werde die sogenannte 5+1-Gruppe - bestehend aus den fünf UN-Vetomächten China, Großbritannien, Frankreich, Russland, den USA plus Deutschland - die Vorschläge prüfen, sagte Ashton. Die Vetomächte und Deutschland wollen Sicherheiten, dass das iranische Atomprogramm friedlicher Natur ist und das Land nicht insgeheim Atombomben bauen lässt. Die Verhandlungen in Genf gelten als Bewährungstest für den Annäherungskurs des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani.
Iran ist sehr an der Aufhebung der internationalen Sanktionen gelegen, die das Land in den vergangenen 20 Monaten in eine Wirtschaftskrise geführt haben. Vertreter Irans und der USA waren nach Angaben iranischer Medien am Dienstagabend am Rande des Treffens zusammengekommen. Details zu der Zusammenkunft von Vizeaußenminister Abbas Araghchi und der amerikanischen Staatssekretärin Wendy R. Sherman wurden nicht bekannt.
Schon vergangenen Monat hatte der iranische Außenminister Sarif seinen amerikanischen Amtskollegen John Kerry in New York getroffen. Es war das erste Treffen zwischen den Außenministern beider Länder nach über drei Jahrzehnten diplomatischer Eiszeit.
Teheran will mit Ajatollah-Dekret punkten
Ebenfalls am Rande der Gespräche zeigte sich Iran überzeugt, dass Israel mit einer möglichen Einigung im Atomstreit leben könne. Vizeaußenminister Araghchi sagte einem Reporter des israelischen Rundfunks, eine Einigung würde neue Perspektiven in den Beziehungen mit allen Ländern eröffnen. Iranische Repräsentanten vermeiden für gewöhnlich alle Kontakte mit israelischen Medien.
Der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow nannte den iranischen Vorschlag "konkret und logisch". Das sei aber nicht automatisch eine Garantie für weiteren Fortschritt. Die schwerste Frage sei die Aufhebung der Sanktionen gegen Teheran.
Laut Araghchi legte Teheran der Gegenseite auch ein Dekret des obersten Führers Ajatollah Ali Chamenei vor. Der Ajatollah hatte jüngst erklärt, Herstellung und Nutzung von Massenvernichtungswaffen würden im Islam als absolut verboten angesehen. "Einer der entscheidenden Schritte für Vertrauensbildung in den Verhandlungen ist das Dekret des Führers", sagte Araghchi. Als Beweis für seine friedlichen Absichten könne Iran das Dekret auch offiziell bei den UN registrieren lassen.