Wahlprogramm der SPD:Solide und nicht besonders links

Lesezeit: 2 min

Die SPD-Spitze will heute ihr Programm für die Bundestagswahl beschließen. In dem vorliegenden Entwurf verzichtet die Partei auf kühne Visionen - und hält sich mehrere Koalitionsoptionen offen.

Susanne Höll

Noch bevor es gedruckt ist, muss die SPD ihr Programm für den Bundestagswahlkampf verteidigen. Das ist ein wenig überzeugender Start der Sozialdemokraten in den bevorstehenden Wahlkampf. Manche Vorwürfe sind berechtigt, längst aber nicht alle.

Unter der Führung des Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier (rechts) und ihres Vorsitzenden Franz Müntefering haben die Sozialdemokraten der Versuchung widerstanden, die für sie so leidvolle Reformpolitik der rot-grünen Zeiten zu revidieren (Foto: Foto: dpa)

Über die eigentümliche Idee einer Lohnsteuerprämie sollten sich FDP und die CSU besser nicht mokieren. Verglichen mit deren Steuersenkungsmärchen ist der Steuerbonus eine geradezu solide Angelegenheit. Überhaupt mutet das ganze Wahlprogramm, ungeachtet vieler wolkiger Formulierungen, solide an. Denn auf unbezahlbare Versprechen haben die Sozialdemokraten verzichtet; für jede Verheißung, mag man sie in der Sache für richtig oder für falsch halten, bieten sie eine Gegenfinanzierung.

Neue Milliardenprojekte, so die ungeschriebene Botschaft der SPD, können wir uns in diesen Krisenzeiten nicht leisten. Visionär ist das nicht, aber immerhin ehrlich.

Besonders links ist das Programm auch nicht - eine erstaunliche Zurückhaltung in Zeiten großer wirtschaftlicher Verwerfungen, in denen selbst der amerikanische Präsident das Kapital zähmen will. Unter der Führung des Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier und des Vorsitzenden Franz Müntefering haben die Sozialdemokraten der Versuchung widerstanden, die für sie so leidvolle Reformpolitik der rot-grünen Zeiten zu revidieren. Die Rente mit 67 bleibt, an Hartz IV wird nicht gerüttelt, das Ziel der Vollbeschäftigung ist im Programm festgeschrieben.

Auf den 57 Seiten des Konzepts, wie alle Wahlprogramme eine Art Erklärung und Argumentationshilfe für die eigenen Mitglieder, erkennt man klar die Handschrift Münteferings: Wie sollen und wollen wir in einer alternden Gesellschaft zusammenleben? Was kann der Staat, was der einzelne Bürger tun, damit Deutschland kluge Kinder hat, Frauen und Männer tatsächlich gleichberechtigt sind, Einheimische und Migranten friedlich zusammenleben?

Das sind Münteferings Lieblingsthemen. Der Beitrag des Kanzlerkandidaten ist jenseits der Kapitel zu Außen- und Europapolitik nicht so leicht erkennbar. Steinmeiers Ziel war und ist es, die SPD für Koalitionen jedweder Art offenzuhalten; ansonsten bräuchte er als Herausforderer gar nicht anzutreten.

Und das hat er erreicht. Auf der Grundlage dieses Programmes ist eine Ampelkoalition mit FDP und Grünen sehr wohl möglich, mögen sich die noch so sehr über die roten Steuerpläne erregen. Und die große Koalition mit der Union können die Sozialdemokraten mit diesem Konzept ebenfalls auch ohne größere Probleme fortsetzen.

In dieser Konstellation übrigens wäre die Gefahr am größten, dass der vielkritisierte Lohnsteuerbonus tatsächlich Wirklichkeit würde. Auch die Union ist im Prämienwahn. Hätte die SPD diesen Vorschlag bereits am Jahresanfang gemacht, wäre er wahrscheinlich Teil des Konjunkturpakets und würde schon in diesem Jahr gezahlt.

© SZ vom 18.04.2009/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: