Als Mega-Event war die Debatte im spanischen Fernsehen angekündigt, als Mega-Event wurde sie am Montagabend auch inszeniert: Schon bei der Fahrt zum Studio der Sexta, des 6. Fernsehkanals, standen die vier Diskutanten unter Beobachtung, ihre Anspannung wurde live übertragen. Wie Staatschefs oder Hollywoodstars empfing sie der Chef des Senders auf der Treppe zum Eingang.
Dann aber mussten sie sich im Studio wie Examenskandidaten bei der mündlichen Prüfung aufstellen: Es gab kein Rednerpult, kein Tischchen, an dem sie sich hätten festhalten können, um ihre Parteien vor den Parlamentswahlen in Spanien am 20. Dezember anzupreisen.
Energiebündel statt Premier
Platziert waren sie von der Gesamtwirkung her leicht absteigend: Ganz links der 1,90-Mann Pedro Sánchez, Chef der Sozialisten (PSOE), mit programmatisch leuchtend roter Krawatte. Dann im hellblauen Hemd und ungewohnt breitbeinig Pablo Iglesias, der Politologe mit dem Pferdeschwanz, Nummer eins der linksalternativen Gruppierung Podemos ("Wir schaffen es"). Neben ihm ganz korrekt im grauen Anzug mit dunkelroter Krawatte Albert Rivera, rhetorisch gewandter Spitzenmann der liberalen Ciudadanos (Bürger, abgekürzt "C's").
Schließlich ganz rechts die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría, ganze 1,55 Meter groß, aber als schlagfertiges Energiebündel von ihren Widersachern gefürchtet, wie immer in hochhackigen Pumps; ungewöhnlich für sie, hatte sie einen leuchtend roten Lippenstift aufgelegt. Sie vertrat die regierende Volkspartei (PP) des konservativen Premiers Mariano Rajoy, der sich, wie ein Teil der Medien spottete, wohl nicht traute, gegen die junge Garde aus den anderen Parteien anzutreten.
In der Tat war es eine große Schau der jungen Politikergeneration: Rivera ist 36 Jahre alt, Iglesias 37, Sánchez 43, und Soraya Sáenz 44. Noch vor zwei Jahren hatten Graubärte die Politik des Landes bestimmt: Premier Mariano Rajoy, der damalige PSOE-Chef Alfredo Rubalcaba als Oppositionsführer und im Hintergrund König Juan Carlos.
Davon ist nur noch der dröge wirkende Rajoy im Amt, der die Wirtschaft des Landes mit einem Sparkurs wieder auf Wachstumskurs gebracht hat. Doch will man den Chefs der anderen Parteien Glauben schenken, so sind seine Tage gezählt: Alle schließen es völlig aus, ihn im Amt zu bestätigen.
Debatte ohne Blößen
Nach dem Stand der Dinge wird es nach dem 20. Dezember eine Koalitionsregierung geben. Die PP dürfte kaum mehr als 30 Prozent der Stimmen kommen, die PSOE und die C's liegen knapp über 20 Prozent, Podemos darunter. Der alerte Rivera könnte der Königsmacher werden.
Die Debatte brachte keine Überraschungen. Alle Kandidaten waren gut vorbereitet, keiner gab sich Blößen. Sánchez und Iglesias beharkten sich, sie sind Konkurrenten im linken Wählersegment. Soraya Sáenz regte sich für einen Moment auf, als ihr die anderen die gigantischen Korruptionsaffären in der PP vorhielten. Dann aber bekam sie doch noch halbwegs die Kurve: Bei Podemos seien schließlich auch schon Steuerhinterzieher ertappt worden, und die PSOE habe sich bei Weitem nicht so entschieden von den Korrupten in den eigenen Reihen getrennt, wie dies die PP getan habe.
Ansonsten arbeiteten sich die Kandidaten vor allem an Krisenthemen ab: Arbeitslosigkeit, Renten, Krankenversicherung, Bildungssystem, Sparpakete. Ein einziges außenpolitisches Thema kam zur Sprache: der Krieg in Syrien. Iglesias schloss ein militärisches Engagement der Spanier kategorisch aus, die anderen eierten herum. Doch gab es in der ganzen Debatte keine Flüchtlinge, keine Euro-Krise und auch keine Angela Merkel.