Wahlen in Brasilien:Rechts überholt

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Cláudio Castro hat die Gouverneurswahlen in Rio de Janeiro im ersten Wahlgang mit fast 60 Prozent gewonnen - ein Erdrutschsieg. Castro ist ein Verbündeter Bolsonaros. (Foto: MAURO PIMENTEL/AFP)

Bolsonaro-Freunde siegen bei Gouverneurswahlen.

Von Christoph Gurk

Während die Präsidentschaftswahlen in Brasilien in eine zweite Runde gehen, ist das Rennen um andere Ämter weitestgehend entschieden, einige Überraschungen inklusive.

156 Millionen Brasilianer waren am Sonntag nicht nur dazu aufgerufen, über ein neues Staatsoberhaupt abzustimmen, sondern auch über die Gouverneure der Bundesstaaten, über Senatoren sowie über die Abgeordneten in den Parlamenten auf lokaler und auf Bundesebene. Sieht man sich an, wer hier gewonnen hat, wird klar, dass der unerwartet hohe Stimmenanteil des rechten Amtsinhabers Jair Bolsonaro kein isoliertes Phänomen war.

Im Bundesstaat Rio de Janeiro, zum Beispiel, gewann Cláudio Castro die Gouverneurswahlen. Der 43-jährige gilt als Verbündeter von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, bis vor Kurzem gehörte er noch dem Partido Social Cristão (PSC) an, einer rechtsreligiösen und evangelikalen Partei, die gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibungen wettert und immer wieder vor der angeblichen Gefahr einer kommunistischen Invasion warnt. Castro gewann in Rio de Janeiro in einem Erdrutschsieg: Er bekam gleich im ersten Durchgang fast 60 Prozent der Stimmen.

In São Paulo, Brasiliens größter Stadt, landete Tarcísio de Freitas überraschend auf dem ersten Platz. So wie Brasiliens rechter Präsident hat er eine Ausbildung an der Militärakademie Agulhas Negras absolviert. Jair Bolsonaro machte Freitas während seiner Regierungszeit zu seinem Infrastrukturminister. Bei den Wahlen bekam der 47-Jährige nun 42 Prozent der Stimmen für den Gouverneursposten in São Paulo und zieht als Favorit in die Stichwahl ein gegen Fernando Haddad von Lulas linker Arbeiterpartei, den nur enttäuschende 35 Prozent gewählt hatten.

Eduardo Pazuello, Bolsonaros ehemaliger Gesundheitsminister während der Hochzeit der Coronapandemie, an der in Brasilien fast 700 000 Menschen starben, erlangte einen Sitz in der Abgeordnetenkammer. Ebenso wurde auch Ricardo Salles in den Nationalkongress gewählt: Der ehemalige Umweltminister unter Jair Bolsonaro, den Kritiker maßgeblich mitverantwortlich machen für den verheerenden Anstieg der Abholzungszahlen im Amazonas, bekam 640 000 Stimmen - dreimal so viele wie Marina Silva, Lulas einstige Umweltministerin und eine von Brasiliens bekanntesten grünen Politikerinnen.

Im Senat wird Jair Bolsonaros rechte Partei Partido Liberal (PL) in Zukunft sogar die stärkste Fraktion stellen, allerdings in einem extrem zersplitterten Kongress mit mehr als zwei Dutzend weiteren Parteien.

Doch auch einige für die brasilianische Linke wichtige Kandidaten schafften es in Ämter. So wurde Guilherme Boulos von der sozialistischen Partei PSOL mit mehr als einer Million Stimmen in São Paulo in die Abgeordnetenkammer gewählt. Seine Parteigenossin, die farbige Transfrau Erika Hilton, erhielt ebenfalls einen Sitz.

Auch indigene Kandidatinnen hatten bei den Wahlen zumindest zum Teil Erfolg: Sonia Guajajara, die seit Jahren für mehr Rechte für traditionelle Gemeinschaften in Brasilien kämpft, zieht in den Kongress ein, ebenso wie die 32-jährige Aktivistin Célia Nunes Correa vom indigenen Volk der Xakriabá.

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