Wahl in Israel:Netanjahu holt mehr Stimmen denn je

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Das Bündnis von Israels Ministerpräsident liegt bei der Parlamentswahl vor Herausforderer Benny Gantz. Nun verhandelt er mit rechten und religiösen Parteien über eine Koalition.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Die Korruptionsvorwürfe konnten ihm nichts anhaben: In Israel bahnt sich nach der Parlamentswahl eine fünfte Amtszeit für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an. Am Mittwoch lagen die rechtsnationale Likud-Partei und ihre Partnern nach Auszählung von 98 Prozent der Stimmen bei mehr als der Hälfte der Parlamentssitze. Das Bündnis würde 65 der 120 Sitze in der Knesset einnehmen. Herausforderer Benny Gantz lag mit dem Bündnis Blau-Weiß gleichauf mit Likud. Der einstige Generalstabschef Gantz, der erst vor vier Monaten in die Politik ging, führte Blau-Weiß auf Anhieb zu 35 Mandaten.

Für den seit 2009 durchgehend regierenden Netanjahu ist es das beste Ergebnis, das er mit dem Likud jemals erzielt hat. In keiner der Prognosen hatte Netanjahus Partei vorne gelegen, er und Gantz hatten sich in der Nacht zum Mittwoch zu Wahlsiegern erklärt. Netanjahu teilte am Tag nach der Wahl mit, er sei bereits dabei, mit rechten und religiösen Parteien über eine Koalition zu verhandeln. "Ich war sehr bewegt, dass der Staat Israel mir zum fünften Mal vertraut hat", sagte der 69-Jährige. Die vorgezogene Wahl wurde von vielen als ein Referendum über Netanjahu angesehen, der mit Anklagen in drei Korruptionsfällen rechnen muss.

Benny Gantz räumte am Mittwochabend seine Niederlage ein. Gemeinsam mit Mitstreiter Yair Lapid kündigte er an, sich in der Opposition mit Netanjahus Politik auseinanderzusetzen. Man habe den Wählern Hoffnung gegeben und einen "beispiellosen historischen Erfolg" erzielt. Drittstärkste Partei wurde die ultraorthodoxe Schas-Partei, gefolgt von der ebenfalls streng religiösen Partei Vereinigtes Thora-Judentum.

Beide Parteien kamen auf je acht Sitze. Die nationalistische Partei Unser Haus Israel von Verteidigungsminister Avigdor Lieberman wird fünf Sitze besetzen. Auf die gleiche Anzahl kommt das neue Parteienbündnis der Union der rechtsgerichteten Parteien. Netanjahu hatte diese Plattform initiiert, sie besteht unter anderem aus der extremistischen Partei Jüdische Stärke. Das Oberste Gericht hatte den Chef der Partei Jüdische Stärke, Michael Ben-Ari, wegen antiarabischer Ideologie von der Wahl ausgeschlossen.

Kulanu, die Partei des bisherigen Finanzministers Mosche Kahlon, schaffte mit vier Sitzen den Einzug ins Parlament. Für die linken Parteien geriet die Wahl zum Debakel. Die Arbeitspartei, die 2015 mit Tzipi Livnis Bewegung 24 Sitze erobert hatte, stürzte ab auf sechs. Die Meretz-Partei erreichte vier Mandate. Vier arabische Parteilisten schafften es in die Knesset. Staatspräsident Reuven Rivlin will kommende Woche den Auftrag zur Regierungsbildung vergeben. Bis Ende Mai soll eine neue Koalition gebildet werden. US-Präsident Donald Trump wertete den Sieg Netanjahus als gutes Zeichen für den Frieden, die Palästinenser sprachen hingegen von einem schlechten Omen. Trump will nach der Wahl in Israel seinen Nahost-Friedensplan vorstellen. US-Außenminister Mike Pompeo weigerte sich bei einer Anhörung im US-Senat am Mittwoch zu bestätigen, dass Trump eine Zwei-Staaten-Lösung unterstützt.

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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