Verteidigung:Uneins über das Zwei-Prozent-Ziel

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Aus Nato-Sicht wirft der deutsche Koalitionsvertrag Fragen auf: Wie stark wird die künftige Bundesregierung die Verteidigungsausgaben erhöhen? Union und SPD haben da unterschiedliche Vorstellungen.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Sie mussten ein bisschen suchen, und wirklich fündig geworden sind sie nicht. Während seitens der EU-Kommission die Freude über den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD fast überschäumt, liegen die Dinge anderswo, in Brüssel bei der Nato nämlich, anders. Hier hat vor allem interessiert, was das Papier über ein Bekenntnis der künftigen Bundesregierung zum sogenannten Zwei-Prozent-Ziel der Bündnisses enthält: Dieses verpflichtet die Mitglieder, die über Jahre gesunkenen Verteidigungsausgaben wieder massiv zu steigern. Deutschland steht hier besonders unter Druck. Das ist zwar nicht erst seit Amtsantritt des jetzigen US-Präsidenten so, aber Donald Trump kennt, wenn es um die Nato geht, kaum eine anderes Thema.

Im Koalitionsvertrag findet sich auf Seite 147 eine Art Antwort, allerdings nicht wirklich die, auf die man im Nato-Hauptquartier gehofft hatte. Da ist vom "Zielkorridor der Vereinbarungen in der Nato" die Rede. Ausgabensteigerungen in diesem Bereich seien zu koppeln an höhere Ausgaben für Entwicklungshilfe, um internationale Verpflichtungen im Rahmen der sogenannten ODA-Quote zu erfüllen. Das klingt kompliziert, unkonkret und ist offenkundig entstanden aus einem Dilemma. CDU/CSU hatten im Wahlprogramm versprochen, "unsere Ausgaben für Verteidigung bis zum Jahre 2024 schrittweise in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen". Die SPD hatte angekündigt, mit ihr werde es "eine apodiktische Festlegung auf einen Anteil der jährlichen Ausgaben für die Bundeswehr auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts" nicht geben. Sicherheit und Stabilität könnten "gerade nicht ausschließlich durch Militärausgaben gewährleistet werden".

Das neue Kommando-Zentrum soll schnellen Material- und Truppentransport ermöglichen

Das stimmt sicher, ändert aber nichts am Beschluss des Nato-Gipfels 2014 in Wales, den auch die SPD mittrug: Demnach sollen die Mitglieder Maßnahmen einleiten, "die darauf abzielen, sich innerhalb von zehn Jahren auf den Richtwert von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zuzubewegen". Deutschland ist mit einem Wert von etwa 1,2 Prozent weit von dieser Zielgröße entfernt. Unter dem Druck der USA haben sich die Nato-Staaten 2017 verpflichtet, in jährlichen nationalen Berichten darzustellen, wie sie sich ihren Verpflichtungen nähern. Fällig waren diese Berichte schon Ende des Jahres. Aus Berlin ging die Post aber erst diese Woche raus und enthält wohl nur die Zahlen aus der bekannten Finanzplanung bis 2021. Demnach sind für 2019 etwa 39,9 Milliarden Euro, für 2020 etwa 41,2 Milliarden und für 2021 etwa 42,4 Milliarden Euro an Verteidigungsausgaben vorgesehen. Das ist zwar ein Anstieg in absoluten Zahlen, führt wegen des Wirtschaftswachstums aber nicht unbedingt zu einer spürbaren Annäherung an das Nato-Ziel.

Beim Treffen der Verteidigungsminister werde Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg einen "faktischen, deskriptiven und strategischen Überblick" über die eingereichten Berichte geben, wie eine Sprecherin bestätigte. Die Augen dürften dann auf die deutsche Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) gerichtet sein, die immerhin auf deutsches Engagement bei der Stärkung der Nato-Kommandostruktur wird verweisen können. In Deutschland soll ein neues Kommandozentrum für schnelle Truppen- und Materialtransporte entstehen. Ein entsprechendes Angebot der Bundesregierung werden die Minister voraussichtlich begrüßen.

© SZ vom 09.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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