Verkehr:Vorsicht, Mann am Steuer

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Ein Blick in die Statistik zeigt: Frauen fahren sicherer Auto.

Von Ulrike Heidenreich

Ferdinand Piëch, ein großer Konzern- und Autolenker vor dem Herrn, breitet in seiner Autobiografie aus, welchem Eignungstest er Frauen unterzog. Auf einer Berghütte war's, Ursula musste in den VW-Iltis steigen: "Ich ließ die Probandin an der steilsten Stelle, immerhin 17 Prozent anfahren. Zweimal würgte sie den Motor ab, und ich schmunzelte. Da hatte ich schon so irgendein Gefühl." Auch Ursula beschreibt im Buch ihr Gefühl: "So ein blöder Kerl", dachte sie. Trotzdem heiratete sie den VW-Patriarchen. Ein Verhalten, das Rätsel aufgibt. So wie die Frage, warum Menschen darüber reden, ob Frauen oder Männer besser Auto fahren. Denn die Unfallstatistik gibt klare Antworten.

Nun, da in Saudi-Arabien das Autofahrverbot für Frauen aufgehoben ist, werden auch dort demnächst allerlei Witzlein kursieren: von wegen nicht einparken können und so weiter. Da ist eine Menge nachzuholen. Denn im ach so fortschrittlichen Westen werden bis heute reichlich Bücher und Postkarten zum Thema erfolgreich verkauft - dabei müsste der Gewöhnungseffekt längst eingetreten sein.

Schon seit 1909 gibt es in Deutschland die Fahrprüfung, offen für beide Geschlechter. Und seit sage und schreibe 1958 dürfen Frauen den Führerschein auch machen - ohne die Erlaubnis des Gatten oder Vaters einzuholen. Seitdem ist der Fortschritt kaum zu bremsen, siehe Unfallstatistik: 1991 wurden 28 Prozent der Autos, die in einen Unfall verwickelt waren, von Frauen gesteuert. 2014 waren es schon 40 Prozent. Dass da mehr Frauen auf den Straßen unterwegs sind, heißt aber nicht, dass sie mehr Unfälle bauen - im Gegenteil. Das Statistische Bundesamt kennt die Abgründe der Debatte und legt in schöner Regelmäßigkeit eine Auswertung vor, die den Einfluss des Geschlechts auf die Unfallbeteiligung misst. Fazit: Frauen verursachen deutlich seltener Unfälle als Männer. Quelle für die Statistik sind die bundesweiten Polizeiberichte. Im Bereich der schweren Unfälle, bei denen Menschen verletzt wurden, führten die Männer die Statistik mit 57 Prozent an, die Frauen waren lediglich in 43 Prozent Hauptverursacherinnen.

Klassische Frauen-Unfälle, die einem möglicherweise weiblichen Fahrstil zugrunde liegen könnten, gibt es nicht. Bei beiden Geschlechtern nennt die Polizei als häufigsten Grund: Fehlverhalten beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren. Frauen lassen auch öfter das Auto stehen: Vier Prozent der Unfälle bei Männern gehen auf Alkoholeinfluss zurück, bei den Frauen ist es nur ein Prozent. Richtig punkten die männlichen Fahrer in Flensburg - mehr als drei Viertel der dort registrierten Verkehrssünder sind Männer.

Bei der ersten Fernfahrt, die in Deutschland jemals mit einem Auto unternommen wurde, saß übrigens eine Frau am Steuer. Und das ohne Führerschein. Es war Bertha Benz, die 1888 ihre Söhne in ein Auto lud, das ihr Mann Carl drei Jahre zuvor erfunden hatte. Sie besuchten heimlich die Oma; der Patentwagen Nummer drei schaffte die Strecke von Mannheim nach Pforzheim problemlos. Das beflügelte die Entwicklung des Automobils immens, und Carl Benz sagte später über seine Frau: "Sie war wagemutiger als ich und hat eine für die Weiterentwicklung des Motorwagens entscheidende Fahrt unternommen."

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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