Vereinigte Staaten:US-Gericht stoppt Hinrichtungen

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Die Richter des Verfassungsgerichts in Washington zweifeln an der Wirksamkeit einer der Substanzen, die in den Giftcocktail für Todeskandidaten in Arkansas gemischt werden.

Von Hubert Wetzel, Washington

Acht Menschen sollten in diesem Monat im US-Bundesstaat Arkansas sterben, der erste am 17., der letzte am 27. April. Acht Hinrichtungen in elf Tagen, das wäre beispiellos gewesen in der jüngeren amerikanischen Geschichte. Doch das Verfassungsgericht in Washington hat die Exekutionen vorerst gestoppt. Am Dienstagmorgen wies es einen Einspruch der Regierung von Arkansas ab, die gegen die Entscheidung eines niedrigeren, örtlichen Gerichts vorgegangen war. Dieses hatte zuvor die Hinrichtung der acht Männer, die alle wegen Mordes rechtskräftig verurteilt worden sind, vorerst verboten.

Arkansas hatte es eilig, weil das Mittel Midazolam nur noch bis Ende April haltbar ist

Arkansas ist, anders als zum Beispiel Texas, keiner der Bundesstaaten, in denen besonders viele Verbrecher hingerichtet werden. Die letzte Exekution fand vor zwölf Jahren statt. Für die Welle an Hinrichtungen, die der republikanische Gouverneur Asa Hutchinson für diesen Monat angesetzt hatte, gab es nur einen Grund: Ende April endet die offizielle Haltbarkeit des Vorrats an Midazolam, über den der Bundesstaat verfügt. Midazolam ist ein Betäubungsmittel, das in der Medizin bei Narkosen verwendet wird oder um epileptische Anfälle zu stoppen. In Arkansas wird es zusammen mit zwei anderen Medikamenten zu einem giftigen Cocktail vermischt und als Hinrichtungsdroge eingesetzt. Allerdings dürfen keine abgelaufenen Chargen verwendet werden. Der vorhandene Vorrat wird deswegen für die Justiz in Arkansas Ende April unbrauchbar.

Und es ist schwierig, Ersatz zu bekommen. Etliche US-Pharmafirmen, welche die bisher bei Hinrichtungen verwendeten Medikamente herstellen, haben die Produktion entweder beendet oder erlauben nicht, dass ihre Mittel bei Exekutionen eingesetzt werden. Auch alle europäischen Hersteller verbieten den Export in die USA oder zumindest den Verkauf an Gefängnisse dort. Die Folge ist ein akuter Mangel an Medikamenten, mit denen Verurteilte exekutiert werden können. Schon Midazolam ist eher ein Ersatzmittel, dessen Verlässlichkeit umstritten ist. Das Gericht in Arkansas, das die Hinrichtungen der acht Männer zuerst gestoppt hatte, argumentierte unter anderem, dass die Häftlinge starke Schmerzen erleiden könnten, wenn das Midazolam nicht wirke.

In einigen US-Staaten, in denen es die Todesstrafe gibt, werden wegen des Medikamentenmangels inzwischen andere Hinrichtungsmethoden erwogen. Statt tödliche Injektionen zu verwenden, wird die Rückkehr zu Erschießungskommandos, Gaskammern, dem elektrischen Stuhl oder gar dem Galgen diskutiert.

All das kann freilich nicht verdecken, dass die Todesstrafe in den USA deutlich an Unterstützung verliert. Das liegt unter anderem daran, dass durch moderne Ermittlungsmethoden wie die DNA-Analyse immer wieder unschuldig zum Tode verurteilte Menschen entlastet werden. Nur knapp die Hälfte der Amerikaner (49 Prozent) spricht sich in aktuellen Umfragen für die Todesstrafe aus, vor 20 Jahren waren es noch 80 Prozent. Von den 50 US-Bundesstaaten wenden nur noch 31 die Todesstrafe an.

© SZ vom 19.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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