Verdacht auf Steuerhinterziehung:Bundestag hebt Immunität von Gauland auf

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Die Staatsanwaltschaft lässt Privatwohnungen des AfD-Fraktionschefs durchsuchen.

Von Markus Balser, Jens Schneider, Berlin

Wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main am Donnerstagmorgen Privatwohnungen des AfD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland durchsuchen lassen. Nach Angaben aus der AfD handelt es sich dabei um ein Verfahren wegen früherer Steuererklärungen Gaulands, in dem die Staatsanwaltschaft Frankfurt bereits seit Längerem ermittelt.

Durchsucht wurden die Wohnungen an seinem früheren Wohnsitz in Frankfurt am Main und an seinem derzeitigen Wohnort Potsdam. Die AfD-Fraktion kritisierte die Hausdurchsuchungen mit deutlichen Worten. "Das Ermittlungsverfahren und die Ermittlungsmaßnahmen erachten wir als ungerechtfertigt und unverhältnismäßig", erklärte ein Sprecher Gaulands.

Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt bestätigte am Donnerstag die Ermittlungen und verwies darauf, dass es sich um eine Privatangelegenheit handele. Das Ermittlungsverfahren laufe bereits seit einiger Zeit, hieß es weiter. Kurz zuvor hatte der Bundestag auf Antrag der Ermittlungsbehörden die Immunität des 78-jährigen AfD-Politikers aufgehoben und damit die Polizeiaktion in den beiden Städten genehmigt. Abgeordnete dürfen wegen einer mutmaßlichen Straftat nur mit Zustimmung des Parlaments juristisch verfolgt werden. Kurz nach dem Beschluss des Bundestags durchsuchten Ermittler die beiden Wohnungen mehrere Stunden lang. Gaulands Bundestagsbüros seien nicht betroffen, hieß es von der Frankfurter Staatsanwaltschaft.

Nach Informationen aus der AfD-Fraktion handelt es sich um Ermittlungen zu Steuererklärungen aus früheren Jahren. Darüber war bereits vor einem Jahr in mehreren Medien berichtet worden. Den Angaben eines Fraktionssprechers zufolge geht es um mögliche Fehler bei der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung Gaulands mit seiner Ehefrau, die in Frankfurt lebt. Auslöser für die Ermittlungen sei eine strittige maximal fünfstellige Summe, hieß es aus Gaulands Umfeld.

Der Politiker wohnt seit Jahren mit einer neuen Lebensgefährtin in Potsdam. Gauland war als CDU-Politiker in Hessen unter anderem Chef der Staatskanzlei und lebte lange in Frankfurt. 1993 wurde er Herausgeber der Märkischen Allgemeinen Zeitung in Potsdam und führte die Zeitung bis 2005. Im Jahr 2013 verließ er nach mehr als vierzig Jahren Mitgliedschaft die CDU, als er die AfD mitgründete. Seither zählt Gauland zu den Spitzenpolitikern der Alternative für Deutschland. Seit dem vergangenen Parteitag im Dezember 2019 in Braunschweig ist er Ehrenvorsitzender der Partei. Aus Kreisen der AfD-Fraktion wurden am Donnerstagnachmittag die Hausdurchsuchungen verurteilt: Sie seien politisch motiviert und der Versuch, den Fraktionsvorsitzenden zu diskreditieren. Ende März 2019, als die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Gauland aufnahm, hatte ein Sprecher getwittert, dass es sich "lediglich um einen Fehler in seiner Steuererklärung" handele.

© SZ vom 31.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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