USA und China:Peking mit Prunk

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Warten auf Trump: Als Wachsfigur können die Chinesen den US-Präsidenten schon fotografieren – wie hier in einem Museum in der Liaoning-Provinz. Der mit Spannung erwartete Besuch gilt als Höhepunkt seiner Asienreise. (Foto: AFP)

Peking will Trumps Besuch pompös gestalten. Dass es auf der wichtigsten Station seiner Asienreise aber Fortschritte in heiklen Punkten wie dem Handel oder Nordkorea gibt, ist unwahrscheinlich.

Von Christoph Neidhart, Kai Strittmatter, Tokio/Peking

Er sehe durchaus Bewegung in der Nordkorea-Krise, sagte US-Präsident Donald Trump am Dienstag in Südkoreas Hauptstadt Seoul, der zweiten Station seiner Asienreise. China sei eine große Hilfe, und er wolle auch Russland an Bord holen. Alle Länder sollten ihren Druck auf Pjöngjang erhöhen: "Der nordkoreanische Diktator bedroht Millionen und Millionen Menschen", Südkorea aber und die USA würden sich ihm Schulter an Schulter entgegenstellen. Demonstrativ ließ der US-Präsident während seines 24-stündigen Staatsbesuchs in Seoul drei Flugzeugträger vor der koreanischen Küste kreuzen.

Die strategischen Optionen gegen Nordkorea sollen ausgebaut werden, kündigte er an. Außerdem hat er die bisherigen Beschränkungen für Nutzlast und Reichweiten südkoreanischer Raketen aufgehoben. Auf verbale Provokationen Nordkoreas verzichtete Trump diesmal. Er betonte, "außer militärischen Aktionen" werde er alle Hebel einsetzen für einen "permanenten Frieden" auf der koreanischen Halbinsel. "Wir hoffen bei Gott, dass wir das Militär nie einsetzen müssen", sagte Trump.

In Südkorea hat sich in den vergangenen Monaten unter dem Schlagwort "Korea Passing" die Furcht verbreitet, Washington wolle in Koordination mit Peking die Korea-Krise über die Köpfe aller Koreaner hinweg zu lösen - auch der im Süden. Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger hatte dies vorgeschlagen. Dazu komme es nicht, versicherte Trump den Südkoreanern nun. "Wir werden euch nicht im Stich lassen." Er wollte jedoch nicht darauf eingehen, was sich im Nordkorea-Konflikt konkret bewege: "Sie verstehen, dass ich meine Karten bedeckt halten will." Er fügte aber hinzu: "Es könnte plötzlich sehr schnell gehen." Pjöngjang rief er auf, an den Verhandlungstisch zu kommen und einen "Deal" zu machen, der gut sei für das nordkoreanische Volk.

Aus Tokio kommend war die Air Force One kurz nach Mittag auf dem US-Stützpunkt Osan südlich von Seoul gelandet. Mit seinem Hubschrauber flog Trump weiter nach Camp Humphreys, die größte US-Militärbasis im Ausland. Dort aß er mit amerikanischen und koreanischen Soldaten zu Mittag. Unerwartet gesellte sich Südkoreas Präsident Moon Jae-in dazu, der damit den Ton für den Gipfel setzte. Er habe die enge Freundschaft der USA mit Korea gespürt, sagte Trump.

Moon und Trump verständigten sich, den beiderseitigen Freihandelspakt rasch neu verhandeln zu lassen. "Das ist ein ziemlich erfolgloser Pakt", höhnte Trump, "und nicht gut für die USA. Wir wollen "freien, fairen und gegenseitigen Handel". Wie schon im schwelenden Handelsstreit mit Japan kündigte Trump auch in Seoul umfangreiche Waffenkäufe des Gastgebers an, die Stellen schaffen und das Handelsdefizit verringern würden. Moon zögerte, das explizit zu bestätigen.

An diesem Mittwochmorgen will Trump vor Südkoreas Parlament sprechen und dann nach Peking weiterfliegen. Das Treffen der Präsidenten der beiden weltgrößten Volkswirtschaften wird Höhepunkt der zwölftägigen Asienreise.

China will Donald Trump drei Tage lang einen aufwendig inszenierten "Staatsbesuch plus" bescheren, so hat das jedenfalls Chinas Botschafter in den USA, Cui Tiankai, angekündigt. Partei- und Staatschef Xi Jinping hat gerade den wichtigen Parteitag hinter sich, aus dem er als stärkster Führer hervorgeht, den China seit Mao Zedong hatte. Das britische Magazin Economist kürte ihn bei der Gelegenheit zum "mächtigsten Mann der Welt". Vor allem aber rief Xi beim Parteitag eine "neue Ära" aus und formulierte erstmals Chinas Anspruch, als "große Macht" ins "Zentrum" der Weltbühne zu rücken.

Die Hoffnung ist, den Amerikaner zu beeindrucken - ohne große Zugeständnisse zu machen

Trumps Verhältnis zu China ist zwiespältig. Im Wahlkampf 2016 hatte er das Land zum Erzfeind der USA stilisiert und ihm gar vorgeworfen, die USA wirtschaftlich zu "vergewaltigen". Später drohte er regelmäßig mit Strafmaßnahmen, sollte China nicht den Druck auf Pjöngjang erhöhen wegen Nordkoreas Atomprogramm. Nach einem ersten Treffen mit Chinas starkem Mann Xi Jinping im April in seinem Mar-a-Lago-Club schwärmte Trump allerdings von der "guten Chemie", die ihn mit Xi verbinde. Nach dem Parteitag gratulierte er Xi Jinping zu dessen "außerordentlichem Aufstieg" und nannte ihn einen "Freund". Sowohl die heiklen Fragen des Handelsungleichgewichts als auch der Nordkoreakrise bleiben derweil ungelöst. Beobachter erwarten nicht, dass der Gipfel das ändert.

"Wir werden bei dem Besuch viel Show vorgeführt bekommen, und alles wird wunderbar aussehen", sagt Paul Haenle, Direktor des Pekinger Carnegie-Tsinghua-Zentrums für Weltpolitik. "Es werden ein paar große Geschäftsabschlüsse verkündet werden, kurzfristige Resultate, die Trump auf Twitter nach Hause melden kann. An den strukturellen Problemen aber wird sich nichts ändern." Das gelte für den chinesischen Protektionismus wie für die Nordkorea-Frage. "Ja, die Chinesen üben zwar mehr Druck aus denn je auf Nordkorea. Aber sie wägen noch immer Nordkorea gegen die USA ab. Sie werden Nordkorea nie aufgeben, wenn es nicht in ihrem eigenen nationalen Interesse liegt." Shen Dingli, Experte für internationale Politik an der Shanghaier Fudan-Universität stimmt dem zu: "Es kann keinen Fortschritt geben beim Thema Nordkorea." Dafür sei es zu spät: Nordkorea sei nun eine Atommacht, das müssten alle akzeptieren. "Wir müssen damit leben." Trump könne höchstens Zugeständnisse im wirtschaftlichen Bereich erwarten: "Wir werden ihm ein großes Geschenk machen." Die Chinesen hoffen offensichtlich, sie könnten Trump wie schon die Japaner und die Südkoreaner mit großer Inszenierung beeindrucken und ihm schmeicheln. Das Protokoll werde Trump "in Prunk schwelgen" lassen, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters Teng Jianqun, den Amerika-Direktor des "China Institute for International Studies", der Denkfabrik des chinesischen Außenministeriums.

Chinas Staatspropaganda hatte zuletzt mehrmals die Vorzüge des "Sozialismus chinesischer Prägung" auch als Vorbild für andere Länder angepriesen, und auf das "Chaos" in den westlichen Demokratien verwiesen. Der Brexit und Trumps Wahl in den USA sind in dieser Propaganda Standardbeispiele für solches Chaos.

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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