USA:Trump lässt die Demokraten auflaufen

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Schon vor Beginn des Impeachment-Verfahrens verweigert der US-Präsident jede Zusammenarbeit und wirft der Opposition Verfassungsbruch vor.

Von Christian Zaschke, New York

Vor dem Weißen Haus wird protestiert und musiziert – im Amtssitz des amerikanischen Präsidenten Donald Trump hingegen eher gemauert: Keinerlei Kooperation soll es mit den Impeachment-Ermittlern des Kongresses geben, weder Zeugenaussagen, noch die Herausgabe von Dokumenten. (Foto: Carolyn Kaster/AP)

Das Verhältnis der demokratischen Partei zu US-Präsident Donald Trump war nie von Herzlichkeit geprägt, es ist bisweilen sogar offen feindselig. Doch nun hat es einen neuen Tiefpunkt erreicht. Die New York Times geht so weit zu sagen, dass das Weiße Haus den Bemühungen der Demokraten, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten, "den Krieg erklärt" habe. Denn die Trump-Regierung hat beschlossen, jedwede Kooperation im Impeachment-Verfahren schlicht zu verweigern. Das ist im Vergleich zu vergangener Woche ein deutlicher Kurswechsel. Damals hatte Trump noch behauptet, dass er immer kooperiere. "Wir werden zusammenarbeiten", hatte er gesagt, obwohl er dabei betonte, dass er sich nichts habe zuschulden kommen lassen und dass er das Verfahren für wertlos halte.

Pat Cipollone, der Rechtsberater im Weißen Haus, hat führende Demokraten in einem achtseitigen Brief von dem Strategiewechsel unterrichtet. "Ihr beispielloses Vorgehen lässt dem Präsidenten keine Wahl", schreibt Cipollone. Die Ermittlungen der Demokraten verstießen gegen die Verfassung, gegen das Gesetz und gegen sämtliche Präzedenzfälle. "Damit er seine Verpflichtungen gegenüber dem amerikanischen Volk, der Verfassung, der Exekutive und allen künftigen Amtsinhabern erfüllen kann, ist es Präsident Trump und seiner Regierung nicht möglich, unter diesen Umständen an Ihrer voreingenommenen und verfassungswidrigen Ermittlung teilzunehmen", heißt es in dem Brief.

Die Demokraten gaben sich davon zunächst unbeeindruckt. Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, sagte: "Das Weiße Haus sollte gewarnt sein, dass die fortwährenden Bemühungen, die Wahrheit bezüglich des präsidialen Machtmissbrauchs zu verbergen, als weiterer Beleg für die Behinderung der Justiz angesehen werden." Was sie damit meint: Trumps Weigerung, bei der Vorbereitung des Amtsenthebungsverfahrens zu kooperieren, könnte in sich ein weiterer Grund dafür sein, ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. "Mr. President, Sie stehen nicht über dem Gesetz", sagte Pelosi, "Sie werden zur Rechenschaft gezogen."

Pelosi hat Recht, wenn sie sagt, dass der Präsident nicht über dem Gesetz stehe. Andererseits ist unklar, wie die Demokraten auf die Totalverweigerung der Kooperation reagieren sollen. Sie können rechtsverbindliche Vorladungen ausstellen, wenn sie Zeugen vernehmen wollen - aber was tun sie, wenn das Weiße Haus diese Vorladungen ignoriert? Dann bliebe nur der Gang vor Gericht, was sich sehr lange hinziehen könnte. Die Demokraten wollen die Angelegenheit jedoch schnell über die Bühne bringen. Trumps persönlicher Anwalt, Rudy Giuliani, hat bereits angekündigt, Vorladungen ignorieren zu wollen. "Sollen sie mich doch der Missachtung der Justiz beschuldigen", sagte er kampfeslustig, "dann gehen wir vor Gericht."

Nancy Pelosi muss die Unberechenbarkeit der eigenen Parteifreunde fürchten

Ein großes Problem aus Sicht von Trumps republikanischer Partei ist es, dass Pelosi keine Abstimmung im Repräsentantenhaus darüber anberaumt hat, ob die Vorbereitungen zum Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden sollen. Bei den Impeachment-Verfahren gegen die früheren Präsidenten Richard Nixon und Bill Clinton hatte das Repräsentantenhaus zuvor abgestimmt. Trumps Rechtsberater Cipollone argumentiert nun, damit seien Präzedenzfälle geschaffen worden, an denen sich Pelosi orientieren müsse. Pelosi wiederum verweist darauf, dass nirgends geregelt sei, dass es eine solche Abstimmung geben müsse. Es liege daher in ihrer Macht als Sprecherin des Hauses, Ermittlungen gegen den Präsidenten einzuleiten.

Pelosi warf den Republikanern vor, diese Abstimmung nur zum Schein zu verlangten. In Wahrheit wollten viele Abgeordnete es vermeiden, öffentlich gegen das Verfahren zu stimmen. In Washington wird jedoch spekuliert, dass Pelosi auch das Verhalten ihrer Parteifreunde im Kopf hat, die sie in dieser Frage zum Teil für unzuverlässig hält. Nun gilt es als möglich, dass sie in Anbetracht des Stillstands ihre Meinung ändert und eine Abstimmung anberaumt, um dem Verfahren mehr Legitimität zu verleihen.

Am Freitag wollen die Demokraten Marie Yovanovitch vernehmen, vormalig US-Botschafterin in der Ukraine. Es ist davon auszugehen, dass die Regierung das untersagt. Bereits am Dienstag hatte sie die Aussage von Gordon Sondland verhindert, dem Botschafter bei der EU. Sondland hatte sich zuletzt um die Beziehungen zur ukrainischen Regierung gekümmert, obwohl das Land kein EU-Mitglied ist. Im Zentrum des Verfahrens steht weiterhin die Frage, ob Trump sein Amt missbraucht hat, als er den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij in einem Telefongespräch am 25. Juli dieses Jahres dazu aufgefordert hat, Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden und dessen Sohn Hunter einzuleiten. Dass die Republikaner nun die Kooperation verweigern, heißt nicht, dass sie das Verfahren aussitzen können. Im Gegenteil, sie liefern den Demokraten Munition. Im Amtsenthebungsverfahren gegen Nixon 1974 war einer der Hauptanklagepunkte, dass er sich geweigert hatte, den Ermittlern Informationen zu geben.

© SZ vom 10.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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