USA:Trump gewinnt

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Der Präsident heimst politische Erfolge ein. Sein Einreiseverbot hat Bestand, die Steuerreform kommt, der Umweltschutz verliert an Bedeutung. Amerikas Werte verschieben sich.

Von Reymer Klüver

Amerikas Oberste Richter haben ihre Entscheidung, wie so oft, kommentarlos bekannt gegeben: Donald Trump darf Menschen aus einigen, vor allem muslimischen Ländern die Einreise in die USA verbieten, fürs Erste jedenfalls. Über die Gründe der Richter für die einstweilige Anordnung darf man spekulieren. Man mag das Einreiseverbot für Gift im gesellschaftlichen Miteinander Amerikas halten. Man kann sich auch sicher sein, dass es eine verheerende Botschaft an Muslime weltweit senden wird und dem ohnehin angekratzten Ansehen der Vereinigten Staaten weiteren Schaden zufügt. Aber unzweifelhaft ist die Entscheidung des Supreme Court vor allem auch ein bedeutender Sieg für Präsident Trump. Sein Einreiseverbot gilt.

Es ist nicht der erste und nicht der einzige Erfolg Trumps in jüngster Zeit. Ganz im Gegenteil. Dem Prahlhans-Präsidenten, der über Monate nichts von dem hat verwirklichen können, was er angekündigt hatte, der keine Mauer zu Mexiko baut, Nordkorea nicht in die Schranken gewiesen hat und Obamas Gesundheitsreform nicht abschaffen konnte - diesem unbedachten Sprücheklopfer gelingt auf einmal so einiges.

Der Narzisst im Weißen Haus hat die Werte im Land verschoben

Der Senat hat die versprochene Steuerreform beschlossen, die Unternehmen und den Mittelstand entlasten soll (vor allem aber Reichen und Superreichen wie Trump selbst helfen wird). Wenn sich Senat und Repräsentantenhaus, wie zu erwarten ist, auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf einigen, hat Trump eines seiner zentralen Wahlkampfversprechen eingelöst - und das rechtzeitig vor den Kongresswahlen im kommenden Jahr.

Erst Anfang der Woche hat er zwei gewaltige Naturschutzgebiete im Südwesten der USA, die seine demokratischen Vorgänger Bill Clinton und Barack Obama eingerichtet hatten, in ihrer Größe drastisch beschnitten. Was Umweltschützer als Frevel brandmarken, sehen konservative Parteifreunde Trumps im Westen als einzig richtige Reaktion eines republikanischen Präsidenten auf das, was sie für übergriffige Regulierungswut der Demokraten halten. Überhaupt ist Trump mit der Umsetzung eines seiner Kernanliegen so erfolgreich, wie es sich Umweltschützer in ihren Albträumen nicht ausmalen mochten: Der von ihm eingesetzte Chef der Umweltbehörde entlässt Personal und zerlegt systematisch in Jahrzehnten aufgebaute bundesweit geltende Schutzstandards - zugunsten der Industrie.

Gleiches gilt für den Verbraucherschutz. Die Behörde, die Kunden vor unlauteren Praktiken von Banken schützen soll, wurde erst vor wenigen Tagen der direkten Kontrolle des Weißen Hauses unterstellt. Das Ziel ist klar: Abbau lästiger Bestimmungen im Finanzsektor zugunsten der großen Unternehmen.

Zudem boomt Amerikas Wirtschaft weiterhin, die Arbeitslosenquote sinkt, die Aktienkurse klettern. Zwar ist dies in keiner Weise ein Verdienst dieses Präsidenten. Gleichwohl reklamiert er den Erfolg für sich allein. Trump bleibt Trump.

Die Siegesfanfaren sind indes nicht nur Ausdruck seiner notorischen Rechthaberei und Großmannssucht. All diese Veränderungen - Steuersenkungen, Bürokratieabbau, Streichung staatlicher Vorschriften - betreffen Kernanliegen seiner Partei. Der republikanische Präsident, so erratisch er sich auch aufführt, setzt gerade die politischen Prioritäten seiner Partei um. Dafür hat er die Unterstützung der Republikaner im Kongress.

Gewiss, das Land leidet unter dem Narzissten im Weißen Haus. Und es sind keineswegs allein die Demokraten, die sich für ihren Präsidenten schämen, seine Tweets verabscheuen und hilflos hoffen, dass sein Zerstörungswerk nicht katastrophal enden wird. Auch manche Republikaner zerreißt es innerlich. Man muss nur in das gequälte Gesicht seines (vom Rest der Welt auch nicht sonderlich geschätzten) republikanischen Vorgängers George W. Bush schauen, wenn die Rede auf den jetzigen Amtsinhaber kommt.

Wie sehr Trump aber die Werte im Land schon verschoben hat, lässt sich an der Kontroverse um den republikanischen Senatskandidaten von Alabama unschwer ablesen, der minderjährigen Mädchen nachgestellt haben soll. Die Partei hatte ihm wegen der glaubwürdigen Vorwürfe schon die Unterstützung entzogen, Trump tat das Gegenteil. Er rief den Mann demonstrativ an. Ihm ist ein möglicher Sextäter im Senat lieber als ein Demokrat. Jetzt folgt die Partei dem Präsidenten, sie hilft dem Kandidaten wieder.

So erschreckend das alles sein mag, so wenig man sich an diesen so unbedachten Präsidenten gewöhnen mag, muss man sich dennoch vor Augen halten: Trump gewinnt gerade. Für Amerika und für die Welt ist nur zu hoffen, dass diese Erfolgsstrecke nicht von Dauer ist.

© SZ vom 06.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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