USA:Parteigänger statt Kritiker

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Auf Wiedersehen: US-Geheimdienstkoordinator Dan Coats tritt zurück. (Foto: Andrew Harnik/dpa)

Auf den scheidenden Geheim­dienstkoordinator Dan Coats folgt John Ratcliffe, ein treuer Trump-Anhänger.

Von Paul-Anton Krüger, München

Donald Trump pflegt ein schwieriges Verhältnis zu den Geheimdiensten seines Landes. Wiederholt hat der US-Präsident ihre Erkenntnisse öffentlich in Abrede gestellt, wenn sie mit seiner politischen Agenda kollidierten. Im Juli 2018 versicherte Trump nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin, er glaube dessen Versicherungen, dass Moskau nicht versucht habe, die amerikanischen Wahlen 2016 zu beeinflussen, die Trump ins Amt gebracht haben. "Präsident Putin sagt, es ist nicht Russland. Und ich sehe keinen Grund, warum es es sein sollte", sagte Trump und wischte damit die Einschätzung der amerikanischen Geheimdienste und des FBI hinweg.

Beim Thema Iran bescheinigten die US-Geheimdienste dem Regime in Teheran, die Verpflichtungen aus dem Atomabkommen eingehalten zu haben. Trump kündigte es trotzdem und verstieg sich jüngst zu der Behauptung, Iran reichere seit Jahren im Geheimen Uran an. Auch mit Blick auf Nordkorea wollte Trump nur ungern hören, dass es keine Anzeichen dafür gebe, dass Diktator Kim Jong-un bereit sei, seine Atomwaffen abzugeben - etwas, wofür Trump bei seinem Gipfeltreffen in Singapur eine Zusage erhalten zu haben meint.

Für Ratcliffe ist die Mueller-Untersuchung nichts als eine Hexenjagd

Überbringer solch unbequemer Botschaften war bislang oft Dan Coats, der nationale Geheimdienstkoordinator. Der frühere Senator und Diplomat gilt als Vertreter einer herkömmlichen republikanischen US-Außenpolitik - der 76-Jährige, einst Botschafter der USA in Berlin, ist nicht der Erste aus den Reihen der Grand Old Party, der bei Trump mit dieser Haltung zunehmend auf Aversion stieß.

Nachfolgen soll ihm nun ein Mann, der jüngst mit bissigen Angriffen auf Sonderermittler Robert Mueller Schlagzeilen machte und sich auch sonst als einer der entschiedensten Verteidiger von Präsident Trump profiliert hat: der republikanische Abgeordnete John Ratcliffe, 53. Er hat sich Trumps Lesart zu eigen gemacht, wonach die Mueller-Untersuchung nichts als eine Hexenjagd ist, betrieben von den Demokraten und deren willfährigen Handlangern in Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten. Und nicht wenige im Kongress vermuten, dass Ratcliffe auch als Geheimdienstkoordinator Trump mehr nach dem Mund reden könnte, als ihn mit unbequemen Erkenntnissen zu konfrontieren.

Ratcliffe, der früher als Staatsanwalt in Texas gearbeitet hat, gehört den beiden einflussreichen Ausschüssen für Geheimdienste und Justiz im Repräsentantenhaus an. Er muss vom Senat bestätigt werden, wo ihm auch vonseiten mancher Republikaner Skepsis entgegenschlägt. So berichtet die New York Times, der republikanische Senator Richard M. Burr, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses, halte ihn für "zu politisch" für das Amt - eine Warnung, über die Trump sich hinwegsetzte. Burr fand öffentlich belobigende Worte für den scheidenden Geheimdienstkoordinator Coats - erwähnte die Nominierung Ratcliffes aber mit keinem Wort.

Trump hat demnach bereits am 19. Juli mit Ratcliffe über die Besetzung des Amtes gesprochen. Die Kongressanhörung Muellers nutzte der Abgeordnete dann für seine Attacken auf den Sonderermittler wie auch die Demokraten. Der demokratische Senator Chuck Schumer, Minderheitsführer im Senat, sagte, Ratcliffe sei "klar wegen seiner in demagogischen Fragen zur Schau gestellten blinden Loyalität zu Präsident Trump" ausgewählt worden. Eine Bestätigung als Geheimdienstkoordinator wäre daher ein "großer Fehler".

Die Republikaner verfügen über 53 der 100 Sitze. Trump hatte zwar schon mehrmals Kandidaten fallen lassen müssen, die nicht mit der Parteiführung im Kongress abgestimmt waren. Zuletzt hatten die Senatoren aber Mark Esper mit einer großen Mehrheit in beiden Parteien mit 90 zu acht Stimmen als Verteidigungsminister bestätigt. Allerdings fürchten viele Demokraten und auch etliche Republikaner eine Politisierung der Geheimdienstarbeit wie unter Präsident George W. Bush vor dem Einmarsch im Irak im Jahr 2003. Eine der treibenden Kräfte damals war John Bolton, heute Sicherheitsberater des Präsidenten. Er soll erbost sein über Widerstand aus dem Pentagon und den Geheimdiensten gegen eine noch härtere Linie gegenüber Iran - was sich unter Ratcliffe ändern könnte.

© SZ vom 30.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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