USA:Neue Front

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Edward Gallagher, 40, ist ein Elitesoldat, dessen Degradierung US-Präsident Trump aufhob. Gallagher war schuldig gesprochen worden, neben der Leiche eines IS-Kämpfers im Irak für ein Foto posiert zu haben. (Foto: Sandy Huffaker/AFP)

Präsident Donald Trump hat kürzlich drei Soldaten begnadigt, ihnen waren teils schwerste Straftaten vorgeworfen worden oder sie waren bereits verurteilt. Seine Einmischung verärgert seitdem das amerikanische Militär.

Von Christian Zaschke, New York

Zu den besonderen Privilegien des US-Präsidenten gehört es, dass er Menschen begnadigen darf, die wegen Straftaten verurteilt wurden. Donald Trump macht von diesem Recht besonders gern bei Angehörigen des Militärs Gebrauch. Oft bringt er seine große Bewunderung für Soldaten zum Ausdruck, die im Auslandseinsatz waren. Umgekehrt ist es den Angehörigen des Militärs nicht verborgen geblieben, dass Trump sich während des Vietnamkriegs um den Dienst in der Armee herumdrückte, indem er sich von einem Arzt Knochensporne attestieren ließ. Die Bewunderung ist also nicht unbedingt eine, die auf Gegenseitigkeit beruht.

Das Verfahren zum Ausschluss Gallaghers laufe weiter, teilte Staatssekretär Spencer mit

In diesem Monat hat Trump gleich drei Angehörige der Armee begnadigt, denen teils schwerste Straftaten vorgeworfen wurden. Leutnant Clint Lorance war von einem Kriegsgericht zu 19 Jahren Haft verurteilt worden, weil er im Einsatz zwei Zivilisten ermordet haben soll. Major Mathew Golsteyn sah sich einer Anklage wegen Mordes gegenüber, weil er, ebenfalls im Einsatz, einen unbewaffneten Afghanen getötet haben soll, von dem er glaubte, er sei ein Bombenbauer. Die größte Aufmerksamkeit erfuhr jedoch der Fall von Edward Gallagher, einem Unteroffizier der Marine, der in der Eliteeinheit der Navy Seals dient.

Gallagher war unter anderem vorgeworfen worden, Zivilisten erschossen zu haben und einen Kämpfer der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) mit einem Jagdmesser getötet zu haben. Zudem soll er seine eigenen Kameraden mit dem Tode bedroht haben, falls sie ihn bei den Vorgesetzten meldeten. Vor einem Kriegsgericht wurde er von diesen Vorwürfen freigesprochen.

Die Marine degradierte ihn dennoch, unter anderem, weil er auf einem Foto mit der Leiche des IS-Kämpfers posierte, als sei diese eine Trophäe. Zudem begann die Marine ein Verfahren, Gallagher von den Seals auszuschließen. Präsident Trump setzte die Degradierung außer Kraft und beschied, dass Gallagher wieder in seinen Rang als Unteroffizier versetzt werde. Trump ist als Präsident Oberbefehlshaber der Streitkräfte, die Marine hatte also keine andere Wahl, als der Anweisung zu folgen. Sie setzte jedoch das Verfahren zum Ausschluss Gallaghers fort.

Doch auch das missfiel dem Präsidenten. Ende vergangener Woche schrieb er auf Twitter: "Die Marine wird dem Kriegskämpfer und Navy Seal Eddie Gallagher NICHT das Trident-Abzeichen abnehmen." Dieses Abzeichen markiert die Zugehörigkeit zu den Seals. Derzeit gibt es rund 2000 Träger dieses Abzeichens, das als eines der begehrtesten im amerikanischen Militär gilt. Die Frage, die nun im Raum steht: War das einfach nur ein Tweet? Trump äußert sich auf Twitter bekanntlich über alles Mögliche, man muss das, obwohl er der Präsident einer Weltmacht ist, nicht immer so ernst nehmen. Oder war das ein Befehl?

In der Marine sind sie einstweilen zu der Ansicht gelangt, dass der Tweet sie nichts angehe. Das Verfahren zum Ausschluss Gallaghers laufe weiter, teilte der für die Marine zuständige Staatssekretär Richard Spencer am Wochenende mit. Die New York Times hatte unter Berufung auf eine anonyme Quelle berichtet, dass Spencer ebenso wie Admiral Collin Green, Kommandeur der Seals, mit Rücktritt gedroht habe, falls Trump das Verfahren beende. Spencer bestreitet, mit Rücktritt gedroht zu haben. Er betonte jedoch, den Tweet nicht als Befehl zu interpretieren.

Mehreren Medien zufolge würde im Militär größte Verstimmung herrschen, falls Trump erneut eingriffe. Der Times zufolge bemühe sich unter anderem Verteidigungsminister Mark Esper darum, Trump klarzumachen, dass sein Eingreifen weitreichende Konsequenzen hätte und zu Rücktritten auf oberster Ebene führen könnte. Da Trump nicht dazu neigt, für solche Argumente zugänglich zu sein, könnte der Fall einige Brisanz entwickeln: den offenen Streit zwischen dem amerikanischen Präsidenten und seinen Streitkräften.

Was ein Innehalten Trumps nicht wahrscheinlicher macht, ist die Tatsache, dass er von konservativen Kommentatoren für sein Eingreifen gelobt wurde. Bei den Soldaten, so hieß es in konservativen Medien, handele es sich um Kriegshelden, die zu Unrecht für Taten angeklagt worden seien, die sie in der Hitze des Gefechts verübt hätten.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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