USA:Hoovers Geist

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Der Konflikt um den Haushalt zeigt, wie fern Trump die Idee des Kompromisses liegt und wie sein Instinkt ausschließlich den Krawall sucht. Das mag seine Kernwählerschaft goutieren; die schwankende Mitte aber wendet sich ab - vor allem wenn ihre Depots mit der Altersvorsorge gefährdet sind.

Von Stefan Kornelius

Herbert Hoover ist im historischen Gedächtnis der USA als einer der schlechtesten Präsidenten aller Zeiten abgelegt. Der Mann regierte von 1929 bis 1933 und führte die Amerikaner in die Große Depression mit Millionen Arbeitslosen, Hungernden und Verzweifelten. Über Donald Trump ist das historische Urteil noch nicht gesprochen, aber immerhin spürt dieser Präsident, dass er irgendwann einmal mit Hoover verglichen werden könnte.

Das wäre ungerecht, weil Hoover bei all seinen Fehlern ein rational handelnder Politiker war und auch gute Dinge wie das Kinderhilfswerk Unicef hinterlassen hat. Trump hinterlässt hingegen vor allem Mehrzeiler auf einem sogenannten Kurznachrichtendienst, der keine Nachrichten verbreitet sondern Unruhe - vor, während und nach den Feiertagen.

Wenn Trump also auf Twitter den Vergleich mit Hoover fürchtet und für den sensationellen Absturz der Börsen Zentralbankchef Jerome Powell verantwortlich macht, wenn sich Finanzminister Steve Mnuchin zur Intervention genötigt fühlt und seinerseits verbreitet, dass er sich bei den größten Finanzhäusern des Landes nach ausreichender Liquidität erkundigt habe, wenn große Namen der Geldindustrie bereits vor einem Ansturm auf die Bankschalter warnen - dann spüren selbst die Trump-Wähler in Iowa, dass der Weihnachtsfriede in Gefahr ist.

Donald Trump verunsichert die Märkte. Bald werden auch seine Wähler die Folgen spüren

Donald Trump hat die bemerkenswerte Gabe, für alle Unbill dieser Welt anderen die Schuld zu geben: den Verbündeten, den Demokraten, der betrügerischen Hillary oder dem Zentralbankchef. In dieser Wahrnehmung ist er sich einig mit seinen Wählern, die im Gefühl der Ausbeutung durch "die da oben" leben und mit Donald Trump ihren Weg aus der Unterdrückung, hin zum zornigen Triumph gefunden haben. Allein: Irgendwann geht diese Gleichung nicht mehr auf. Nun ist der da oben nämlich Donald Trump, der bei seinem Sturm auf das sogenannte Establishment früher oder später vor der eigenen Haustür steht. Er selbst trägt die Verantwortung, er ist jetzt der Präsident.

Gut möglich also, dass die Weihnachtspanik an den Märkten eine Ahnung davon gegeben hat, wie die zweite Hälfte der Präsidentschaft verlaufen könnte: Immer schneller dreht sich das Teufelsrad, in immer kürzeren Abständen muss der Impuls des großen Disruptors im Weißen Haus befriedigt werden. Der Konflikt um den Haushalt zeigt, wie fern Trump die Idee des Kompromisses liegt und wie ausschließlich sein Instinkt den Krawall sucht. Das mag seine Kernwählerschaft goutieren, die schwankende Mitte aber wendet sich ab, vor allem, wenn ihre Depots mit der Altersvorsorge gefährdet sind. Es war schon bisher abwegig zu glauben, dass die toxische Mischung aus Steuersenkung, Handelskrieg und politischem Nationalismus der US-Volkswirtschaft auf Dauer gutgehen könnte. Wenn die Märkte wieder öffnen, werden sie auf Trumps Großmäuligkeit ihre Antwort geben.

Nach dem Schwarzen Donnerstag zu Beginn der Weltwirtschaftskrise sagte Hoover, kein Land in der Geschichte stünde näher an der Überwindung der Armut als Amerika. Mit dieser weltfremden Prahlerei schaufelte er sich sein politisches Grab. Kurz darauf, an Heiligabend 1929, brannte auch noch der Westflügel des Weißen Hauses ab. Wenigstens dieses Schicksal blieb Trump bisher erspart.

© SZ vom 27.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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