USA:Feuer gegen Feuer

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Fragwürdige Rolle: Rudy Giuliani und Donald Trump (rechts). (Foto: Drew Angerer/AFP)

Donald Trump macht klar, dass er im Impeachment-Verfahren nicht klein beigeben wird - und dass niemand vor seinem Zorn sicher ist.

Von Christian Zaschke, New York

Donald Trump brüllte und schrie, mal griff er das Rednerpult, als wolle er es in die Luft heben, mal ruderte er mit den Armen. Gern zeigte er ins Publikum, als habe er unter den 20 000 Zuhörern im Target Center in Minneapolis einen alten Freund entdeckt. Der amerikanische Präsident hat am Donnerstagabend einen Wahlkampfauftritt hingelegt, der es in sich hatte und signalisieren sollte, dass er in Anbetracht des Impeachment-Verfahrens nicht klein beigeben werde. Im Gegenteil: Trump machte deutlich, dass er Feuer mit Feuer bekämpfen will.

Kein Präsident in der amerikanischen Geschichte hat sich so abfällig über seine politischen Rivalen geäußert wie der Republikaner Trump in Minneapolis. Bei den Demokraten handele es sich um "sehr kranke und geistesgestörte Leute", rief er der johlenden Menge zu. Der ehemalige Vizepräsident Joe Biden, der bei der Wahl im Jahr 2020 sein Gegner sein könnte? "Er war nur deshalb ein guter Vizepräsident, weil er wusste, wie man Barack Obamas Arsch küsst." Diese Aussage erfreute die Zuhörer ganz besonders.

Dass Trump seine Gegner beleidigt, insbesondere auf seinen Wahlkampfveranstaltungen, ist nichts Neues mehr. Doch was er in Minneapolis vom Stapel ließ, hatte noch einmal eine neue Qualität. Es wirkte, als habe Trump wegen der Ermittlungen bezüglich des Amtsenthebungsverfahrens beschlossen, noch lauter zu werden, noch brutaler, noch vulgärer.

Niemand war vor seinem Zorn sicher. Vor Nancy Pelosi, der Sprecherin des Repräsentantenhauses, hatte Trump eine ganze Weile Respekt. Er mäßigte sich, wenn er von ihr sprach. Seit Pelosi jedoch im vergangenen Monat die Vorbereitung des Impeachment-Verfahrens angestoßen hat, ist auch sie das Ziel seiner wütenden Tiraden. "Sie ist entweder wirklich dumm, oder sie hat sie nicht alle - oder vielleicht ist da ein gewisses Maß an Unehrlichkeit", rief er.

Die Abgeordnete Omar aus Minnesota nennt er eine "Amerika hassende Sozialistin"

Besonders gern lässt sich Trump über die demokratische Abgeordnete Ilhan Omar aus, die im Kongress einen Wahlkreis aus Minnesota vertritt. Trump sprach am Donnerstag also gewissermaßen in ihrem Revier. Er nannte sie eine "Amerika hassende Sozialistin", die ihren Bruder geheiratet habe, um ins Land zu kommen. Es stimmt, dass sie eine Einwanderin ist, Omar wurde in Somalia geboren. Dafür, dass sie ihren Bruder geheiratet haben soll, gibt es allerdings keinerlei Beweise. "Wie könnt ihr eine solche Person als Repräsentantin Minnesotas haben?", fragte Trump. Omar sei einer der Gründe dafür, dass er auch 2020 gewinnen werde.

Tatsächlich trat Trump nicht ohne Grund im demokratischen Minneapolis auf, der größten Stadt in Minnesota. 2016 hat er den Staat mit lediglich 1,5 Prozentpunkten Rückstand auf Hillary Clinton verloren, obwohl er dort kaum Wahlkampf betrieb. Das soll sich im Hinblick auf 2020 ändern, die Republikaner wollen Millionen von Dollar in Minnesota investieren. "Wir werden diesen Staat gewinnen", rief Trump.

Einerseits hatte Trumps Auftritt also einen langfristigen strategischen Zweck, andererseits war es unverkennbar, dass er sich kurzfristig Luft machen wollte. Zurück in Washington erwartete Trump am Freitag die Nachricht, dass mehrere für nationale Sicherheit zuständige Mitarbeiter im Weißen Haus unmittelbar nach seinem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij schwerste Bedenken angemeldet hatten. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen. In dem Gespräch vom 25. Juli hatte Trump seinen ukrainischen Amtskollegen dazu aufgefordert, Ermittlungen gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter aufzunehmen. Die Demokraten vertreten die Ansicht, dass er damit sein Amt missbraucht habe, um gegen einen persönlichen politischen Rivalen vorzugehen.

Die Washington Post schreibt, dass wenige Minuten nach dem Gespräch mindestens vier Mitarbeiter Alarm geschlagen hätten. Unter anderem sei der damalige Sicherheitsberater John Bolton darüber informiert worden, dass das Gespräch problematisch sei. Eine grobe Mitschrift des Telefonats sei rasch von einem relativ offenen Computer-Netzwerk des Weißen Hauses in eines verschoben worden, das für streng geheime Unterlagen reserviert ist.

Ein besonderer Fokus liegt zunehmend auf Rudy Giuliani, Trumps persönlichem Anwalt. Am Donnerstag waren zwei Männer in Washington festgenommen worden, die für Giuliani in der Ukraine arbeiteten und dort Material gegen die Bidens sammeln sollten. Obwohl Giuliani in der Anklageschrift gegen die beiden Männer nicht namentlich genannt wird, wirft seine Rolle in der Angelegenheit zunehmend Fragen auf.

© SZ vom 12.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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