USA:Eine Art Rückversicherung

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Die Demokraten sammeln belastendes Material gegen Präsident Donald Trump.

Von Hubert Wetzel, Washington

Verschickte 81 Briefe: Jerrold Nadler, Chef des Justizausschusses. (Foto: Joshua Roberts/Reuters)

Die US-Demokraten haben umfassende Untersuchungen gegen Präsident Donald Trump begonnen. Der Vorsitzende des Justizausschusses im Abgeordnetenhaus, der Demokrat Jerrold Nadler, verschickte am Montag 81 Briefe an Mitarbeiter und Vertraute Trumps sowie an verschiedene Unternehmen, Behörden und Organisationen, in denen er die Herausgabe von Dokumenten forderte. Die Untersuchungen konzentrieren sich auf drei Bereiche, in denen Trump nach Ansicht der Demokraten gegen Gesetze verstoßen haben könnte: Behinderung der Justiz, Amtsmissbrauch und Korruption. Das Weiße Haus wies die Vorwürfe empört zurück. Die Demokraten seien auf einem willkürlichen Fischzug und versuchten aus politischen Gründen, Trump etwas anzuhängen.

Obwohl Nadler betont, die von ihm eingeleiteten Untersuchungen seien nicht der Auftakt zu einem Amtsenthebungsverfahren, glauben viele Beobachter in Washington - und die meisten Republikaner -, dass das nur die halbe Wahrheit ist. Sie halten die Recherchen für eine Art Rückversicherung der Demokraten, sollte der Sonderermittler Robert Mueller keine wesentlichen, strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegen Trump erheben. Mueller untersucht, ob es im Wahlkampf 2016 eine illegale Zusammenarbeit zwischen Trumps Team und Russland gab und ob der Präsident die später eingeleiteten Ermittlungen der Justiz dazu behindert hat.

Sicher ist: Die Demokraten würden ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump - ein sogenanntes Impeachment - lieber auf der Grundlage eines Berichts des neutralen Ermittlers Mueller anstrengen, in dem dieser dem Präsidenten Kungelei mit einer rivalisierenden Macht vorwirft. In diesem Fall, so hoffen sie, würden auch einige Republikaner für eine Amtsenthebung Trumps stimmen. Da jedoch unklar ist, was in Muellers Bericht stehen und ob dieser dem Präsidenten persönlich irgendwelche Gesetzesverstöße vorwerfen wird, suchen die Demokraten nun nach eigenem belastenden Material.

Was sie finden werden, ist offen. Allein die Suche hat aber bereits einen aus Sicht der Demokraten willkommenen Nebeneffekt: Die kommenden Monate werden gefüllt sein mit dramatischen Kongressanhörungen, in denen ausführlich über Korruption und andere Rechtsbrüche des Präsidenten geredet werden wird. Trump wird ständig unter Druck sein und sich an einem halben Dutzend Fronten verteidigen müssen - eine Art politischer Abnutzungskampf. Einen Vorgeschmack auf das Bevorstehende bekamen die Amerikaner vorige Woche, als Trumps früherer Anwalt Michael Cohen im Abgeordnetenhaus aussagte und den Präsidenten einen Rassisten, Lügner und Betrüger nannte.

Der Vorwurf des Weißen Hauses, die Demokraten würfen ihre Netze aus in der vagen Hoffnung, irgendetwas Belastendes würden sie dann schon fangen, ist nicht ganz unberechtigt. Nadler hat praktisch das gesamte Umfeld von Trump angeschrieben - ehemalige und derzeitige politische Berater ebenso wie Geschäftspartner und die Söhne des Präsidenten, Donald Jr. und Eric. Lediglich Trumps Tochter Ivanka blieb bisher verschont, obwohl auch sie eine enge Vertraute des Präsidenten ist. Zudem forderte Nadler Dokumente von diversen Firmen an, die mit Trump in Verbindung standen oder stehen, allen voran die Trump Organization in New York.

Nadler will zum Beispiel unter anderem klären, ob Trump dadurch gegen Gesetze verstoßen hat, dass er immer noch Mitbesitzer eines Hotels in Washington ist, in dem sich oft ausländische Staatsgäste einmieten. Das könnte gegen das Verbot verstoßen, sich im und am Präsidentenamt zu bereichern. Auch die Geldzahlungen an Frauen, die mit Trump offenbar Affären hatten und deren Schweigen der damalige Kandidat kurz vor der Präsidentschaftswahl 2016 erkaufte, werden Nadlers Ausschuss beschäftigen. Trumps Ex-Anwalt Cohen wurde deswegen bereits wegen Verstoßes gegen Wahlfinanzierungsgesetze verurteilt. Nun wollen die Demokraten möglichst viele Verbindungen zu Trump persönlich offenlegen. Eine drittes Thema, dem Nadler nachgehen wird, ist Russland. Die Demokraten wollen herausfinden, ob Trump versucht hat, die Ermittlungen des FBI zu seinen Kontakten nach Moskau zu behindern.

© SZ vom 06.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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