USA:Der falsche Mann

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Warum die Demokraten nicht Bloomberg gegen Trump stellen sollten.

Von Hubert Wetzel

Neigte man dem Sarkasmus zu oder gar dem Zynismus, so könnte man jetzt sagen: Klar, natürlich, warum ist da nicht längst jemand drauf gekommen? Michael Bloomberg! Wer sonst? Das ist genau der Kandidat, den die Demokraten brauchen, um nächstes Jahr in der Präsidentschaftswahl Donald Trump zu besiegen. Und nicht die streberische Professorin Warren oder den zerzausten Genossen Sanders oder den sich ständig in seinen eigenen Sätzen verlaufenden Schulterklopfer Biden; auch nicht den Jungspund mit dem komischen Namen; und schon gar nicht diese beiden Schwarzen, die bei den Kandidatendebatten auch immer herumstehen. Sondern Bloomberg, den Milliardär aus Manhattan, der aber viel reicher und viel netter ist als der andere Milliardär aus Manhattan, den er schlagen soll. Was soll da schiefgehen?

Eine mögliche Antwort wäre: alles.

Man kann ja verstehen, warum Bloomberg ins Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten einsteigen will. Die Schwächen der anderen Bewerber sind offensichtlich. Elizabeth Warren und Bernie Sanders, die Lieblinge des linken Flügels, sind eben vor allem das: die Lieblinge des linken Flügels. Es gibt begründete Zweifel, dass sie mit ihren teuren, sozialrevolutionären Ideen in jenen etwas konservativeren Bundesstaaten, in denen die Wahl 2020 entschieden wird, genügend Wähler fänden, um Trump zu besiegen. Joe Biden wiederum, der Mann der Mitte, der in Umfragen vor Trump liegt, hat sich bisher als wenig mitreißend erwiesen. Gut möglich, dass er, obwohl er vielleicht der richtige Kandidat wäre, schlicht deswegen nicht Kandidat wird, weil ihm das Geld ausgeht.

Insofern kann man sich, wenn man ein verzweifelter demokratischer Parteifunktionär ist, schon einreden, dass Bloomberg wie ein Sieger aussieht. Am Geld wird es ihm nie mangeln, er besitzt 53 Milliarden Dollar. Und politisch passt der frühere New Yorker Bürgermeister auch ins Profil. Er ist kein harter, ideologischer Linker, aber er ist links genug. Er wäre daher, so das Kalkül seiner Unterstützer, ein soliderer Mitte-Kandidat als der wackelige Biden, eine Art attraktiver Biden-Klon mit unbegrenzten Mitteln.

Diese Diagnose erfasst das strategische Dilemma der Demokraten korrekt: Ihre Parteianhänger, die Anfang nächsten Jahres den Präsidentschaftskandidaten küren, stehen deutlich weiter links als die Gesamtheit der Amerikaner, die im November 2020 den Präsidenten wählen. Die richtige Kandidatin oder den richtigen Kandidaten zu finden, die oder der beide Wahlen gewinnen kann, ist schwierig, vielleicht sogar unmöglich.

Aber die Lösung dieses Problems besteht nicht darin, wenige Wochen vor der ersten Vorwahl den 77 Jahre alten weißen Ostküsten-Establishment-Mann Biden gegen den 77 Jahre alten weißen Ostküsten-Establishment-Mann Bloomberg auszutauschen. Das sieht eher nach Panik aus als nach Strategie. Außer Bloombergs Ego hat bisher niemand gefordert, er solle kandidieren. Es gibt keine Beweise, dass ausgerechnet Bloomberg die Parteiaktivisten in Iowa genauso begeistern kann wie die Schwarzen in South Carolina oder die weißen Arbeiter in Wisconsin. Wenn es schlecht läuft, endet seine Bewerbung in einem parteiinternen Hickhack, das alle Demokraten beschädigt. Und das freut dann nur einen: Donald Trump.

© SZ vom 09.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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