USA:Demokratische Seltenheit

Lesezeit: 2 min

Wetterfest ist sie: Senatorin Amy Klobuchar bei der Ankündigung ihrer Kandidatur in Minneapolis, Minnesota. (Foto: Kerem Yucel/AFP)

Die Senatorin Amy Klobuchar will 2020 gegen US-Präsident Donald Trump antreten. Sie gibt sich überparteilich und pragmatisch - und unterscheidet sich damit von vielen Mitbewerbern in Washington.

Von Hubert Wetzel, Washington

Mit Schnee muss man rechnen im Winter in Minnesota. Außerdem gibt es ja die Wettervorhersage. Insofern kann Amy Klobuchar nicht wirklich von dem Blizzard überrascht worden sein, der am Sonntag Minneapolis in weiße Wirbel hüllte - just zu dem Zeitpunkt, als die demokratische Senatorin in einem Park im Freien stand und ihre Präsidentschaftskandidatur verkündete.

Mit Amy Klobuchar ist bei den Demokraten das halbe Dutzend ernst zu nehmender Präsidentschaftsbewerber fast voll; und niemand kann ausschließen, dass nicht noch einige Kandidaten dazukommen. Allerdings nimmt Klobuchar im derzeitigen Feld eine besondere Position ein. Die Juristin, die seit 2006 für den Bundesstaat Minnesota im US-Senat sitzt, gehört im Gegensatz zu fast allen namhaften Rivalen und Rivalinnen dezidiert nicht zum linksliberalen Flügel der Partei. Stattdessen gilt sie politisch als eher gemäßigt und vor allem als kompromissbereit.

Sie gilt als bodenständig und kommt bei unideologischen Mitte-Wählern am besten an

Besonders viel Lob bekam Klobuchar in den vergangenen Tagen ausgerechnet von ihren republikanischen Kollegen im Senat, welche die reibungslose Zusammenarbeit mit ihr begeistert priesen. Ob das dann in den Augen der demokratischen Parteianhänger viel wert ist, die in einem Jahr beginnen werden, in den Vorwahlen ihren Präsidentschaftskandidaten zu bestimmen, sei einmal dahingestellt.

Klobuchars Kandidatur bedeutet aber in jedem Fall: Die Demokraten haben nun in ideologischer Hinsicht mehr Auswahl. Am linken Rand stehen die Senatorinnen Kamala Harris, Kirsten Gillibrand und Elizabeth Warren sowie ihr Kollege Cory Booker. Sie alle stammen aus sehr oder zumindest überwiegend liberalen Küstenstaaten: Kalifornien, New York, New Jersey, Massachusetts. In den einschlägigen Ranglisten, in denen linke Lobbygruppen die ideologische Zuverlässigkeit von Politikern bewerten, findet sich dieses Quartett zumeist an der Spitze. Im aktuellen Ranking der Datenbank Progressivepunch.org etwa belegen sie die Plätze 1, 2, 4 und 7.

Im Vergleich dazu liegt Klobuchars politische wie geografische Heimat deutlich weiter in der Mitte. Die Senatorin aus dem Mittleren Westen steht bei Progressivepunch derzeit auf Platz 33. Das heißt nicht, dass sie bei wichtigen Themen grundsätzlich mit den Parteidogmen bricht. Sie ist genauso für eine allgemeine Krankenversicherung, für Klimaschutz, für das Recht auf Abtreibungen, für bessere Bildung und für schärfere Waffengesetze wie die anderen Kandidaten.

Allerdings tritt Klobuchar bei all diesen Themen zumeist eben für weniger weitgehende Staatseingriffe ein als ihre Mitbewerber. Den Vorschlag, eine einzige, staatlich finanzierte Krankenkasse für alle Amerikaner zu schaffen, unterstützt sie nicht. Ebenso wenig hat sie sich der Forderung angeschlossen, das Studium kostenlos zu machen. Stattdessen will sie, dass der Staat Studenten bei der Rückzahlung ihrer Studienkredite hilft. Wegen solcher Positionen gilt die 58 Jahre alte Senatorin als pragmatisch und überparteilich - im heutigen Washington eine Seltenheit.

Es gibt daher Beobachter, die Klobuchar für die beste mögliche demokratische Kandidatin halten, um 2020 Trump zu schlagen. Sie sei volksnah, bodenständig und komme, so die Logik, bei den normalen, unideologischen Mitte-Wählern draußen im Land am besten an. Andere Experten halten sie hingegen für zu moderat, um die Vorwahlen zu gewinnen. Das aber ist die Voraussetzung, um überhaupt gegen Trump antreten zu können. Die demokratische Basis wolle einen unverfälschten, linksliberalen Kämpfer, lautet das Argument dieser Fachleute. Am Ende wird Klobuchars Kandidatur davon abhängen, was den Wählern in den Vorwahlen wichtiger ist: ideologische Reinheit oder die Wahlchancen gegen Trump. Einige Umfragen behaupten, dass dem demokratischen Parteivolk die Wählbarkeit ihres Kandidaten derzeit mehr bedeutet als die Ideologie. Aber das kann sich ändern.

Zuerst muss Klobuchar ohnehin ihren ersten kleinen Skandal überstehen: Ehemalige Mitarbeiter schildern sie als unfaire, jähzornige, zuweilen demütigende Chefin. Sie selbst nennt sich dagegen nur "anspruchsvoll".

© SZ vom 12.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: