Sieben Tote und ein Gesamtschaden von mindestens einer Milliarde Euro - das ist die vorläufige Bilanz des Flutregens im niederbayerischen Landkreis Rottal-Inn. Rund eintausend Haushalte seien nach dem Unwetter vom vergangenen Mittwoch in ihrer Existenz bedroht, sagte Landrat Michael Fahmüller bei einem Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer im Katastrophengebiet. Das Landratsamt Weilheim-Schongau rief am Sonntag den Katastrophenfall für ein anderes Hochwassergebiet - rund um Polling - aus. Unterdessen wurde am Wochenende das bekannte Rock-Festival "Rock am Ring" in der Eifel in Rheinland-Pfalz, zu dem 90 000 Gäste gekommen waren, von den Behörden in der Nacht zum Sonntag wegen Unwetters abgebrochen.
In Rottal-Inn sagte Landrat Fahmüller, insgesamt sei ein Drittel des Landkreises vom Flutregen heimgesucht worden. Mehrere Hundert Menschen hätten kein Obdach mehr. Es seien viele Arbeitsplätze verloren gegangen, weil das Wasser Wirtschaftsbetriebe zerstört habe: "Wie ein Tsunami raste das Wasser durch die Orte." Als Unterstützung forderte er eine Förderung, wie sie bei den Überschwemmungen 2013 an Elbe und Donau geleistet worden war.
Seehofer kündigte nach einem Gang durch das zerstörte Simbach am Inn umfangreiche Finanzhilfe an. Am Dienstag werde das Kabinett deren Höhe beschließen. Bis Sonntag wurden im Landkreis Rottal-Inn bereits 5,6 Millionen Euro an Soforthilfe ausgezahlt. Jeder betroffene Haushalt erhält fürs Erste 1500 Euro. Seehofer versprach: "Wir helfen euch wesentlich stärker, als wir es bisher getan haben."
Der Ministerpräsident schilderte das Ausmaß der Flut als "unvorstellbar". Fernsehbilder könnten das Drama nicht vermitteln, das sich abgespielt habe. Gleichzeitig warnte er mit Blick auf den Klimawandel vor zukünftigen Katastrophen. "Wir müssen heute mit Ausnahmezuständen rechnen, die sich in kürzeren Abständen mit noch größerer Dramatik wiederholen können. Und es kann jeden treffen."
Seehofer forderte Umweltministerin Ulrike Scharf und Landwirtschaftsminister Helmut Brunner auf, mit den Kommunen Hochwasserschutzmaßnahmen auch für kleinere Gewässer vorzubereiten: Der Simbach im gleichnamigen Ort ist bei anderthalb bis zwei Metern Breite in der Regel knöcheltief. Am Mittwoch stieg er in wenigen Minuten auf vier Meter an. In Simbach waren weite Teile der Altstadt noch ohne Trinkwasser. Neben Feuerwehr und Technischem Hilfswerk waren weit mehr als tausend Freiwillige im Einsatz. Am Montag sollen Bundeswehrsoldaten eintreffen.
Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks rief die Behörden auf, sich "für akute Überschwemmungsgefahren durch Bäche und kleine Flüsse noch besser zu wappnen". Nationale Vorsorgeprogramme gebe es nur für Ströme wie Rhein oder Donau. Bestürzend sei, dass sich "kleine Bäche in reißende Ströme verwandelten". Sie warnte vor zunehmend extremen Wetterlagen durch den Klimawandel: Der Lauf der Jahreszeiten gerate durcheinander.