Neues Gesetz soll noch dieses Jahr verabschiedet werden
Die Bundesregierung will schwerkranken Schmerzpatienten den Cannabis-Konsum erleichtern. Das Ziel sei, dass in Zukunft mehr Menschen als bisher Cannabis als Medizin bekommen können, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, der Tageszeitung Welt. Für diese Patienten müssten die Kosten von den Krankenkassen erstattet werden. Über das Gesetz soll noch in diesem Jahr im Bundestag abgestimmt werden, damit es ab kommendem Jahr greift.
Bisher schwierige Rechtslage
Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland - aber auch Basis für Medikamente. Den beiden Hauptwirkstoffen Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) wird eine krampflösende und schmerzlindernde Wirkung zugeschrieben. Schwerkranke Schmerzpatienten, die Cannabis zur Linderung ihrer chronischen Erkrankungen brauchen, können aufgrund der bislang geltenden Gesetzeslage ins Visier von Ermittlern geraten.
Nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verfügen derzeit 358 Patienten über eine Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabisblüten oder Cannabisextrakten "im Rahmen einer medizinisch betreuten und begleiteten Selbsttherapie".
Cannabis-Präparate in den Apotheken sind teuer. Die Kosten werden in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Entscheiden die Patienten sich für den privaten Anbau von Hanfpflanzen, müssen sie mit einem Ermittlungsverfahren rechnen. "Die Politik muss hier schnell Klarheit schaffen", sagte die CSU-Politikerin Mortler.
Umdenken an der CSU-Spitze
Auch die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt schließt sich mittlerweile dieser Meinung an. Sie hat ihr Nein zum Cannabis-Konsum für Schwerkranke revidiert. Zuvor hatte sie sich strikt dagegen ausgesprochen. Nun sagte Hasselfeldt, in manchen Fällen sei die Droge geeignet, die Lage der Betroffenen zu verbessern. Grundsätzlich sei sie für das Verbot der Cannabis-Einnahme - zur Behandlung von Schmerzpatienten sei dies aber doch überlegenswert, sagte Hasselfeldt.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis, nannte die angekündigte Gesetzesänderung einen "längst überfälligen" Schritt. "Cannabis auf Rezept bedeutet, dass betroffene Patienten nicht stigmatisiert werden, jedem unabhängig vom Geldbeutel der Zugang ermöglicht wird und die Qualität der Arznei gewährleistet ist", sagte Mattheis.
Tod des Schmerzpatienten Robert Strauss
Vor kurzem starb in Augsburg ein Schmerzpatient, nachdem die Polizei seine Vorräte beschlagnahmt hatte. 1000 Euro hätte Robert Strauss für die Präparate aus der Apotheke zahlen müssen. Er begann, selbst Hanf anzubauen. Nach dem Tod von Strauss erklärte sein Arzt: Wäre Strauss "juristisch nicht so drangsaliert" worden - hätte er also weiter sein Gras gehabt - "wäre er jetzt vielleicht noch am Leben".
Im Vorjahr hatte das Verwaltungsgericht Köln drei chronisch kranken Schmerzpatienten erlaubt, als "Notlösung" in ihren Wohnungen Cannabis anzubauen, weil entsprechende Medikamente wegen fehlender Kostenübernahme für sie unerschwinglich seien.
Cannabis-Konsum erleichtern, härtere Kontrollen bei Alkohol
Zugleich kündigte Marlene Mortler eine härtere Gangart gegen den Alkoholverkauf an Minderjährige an. Die Verkaufsverbote würden von den Ordnungsämtern in den Kommunen nicht ausreichend überwacht, kritisierte sie: "Wir brauchen hier endlich schärfere Kontrollen." Darüber werde sie in Kürze mit dem Städtetag und dem Landkreistag Gespräche führen. Außerdem stellte die CSU-Politikerin Gesetzesverschärfungen für das Rauchen von E-Zigaretten und Wasserpfeifen, den sogenannten Shishas, in Aussicht. Für Shishas sollten am Ende dieselben Grenzen gelten wie für klassische Zigaretten.