Unruhen in Syrien:"Wenn Sie Krieg wollen, können Sie ihn haben"

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Keine Kompromisse im Kampf gegen das eigene Volk: Syriens Präsident Baschar al-Assad reagiert ungehalten auf Forderungen Ankaras, die militärische Unterdrückung von Regierungsgegnern zu beenden. Stattdessen lässt er eine Stadt nahe der türkischen Grenze angreifen - und droht dem großen Nachbarn im Norden.

Beim Besuch des türkischen Außenministers Ahmet Davutoglu in Syriens Hauptstadt Damaskus ist es zu einem harschen Schlagabtausch gekommen. Als Davutoglu eine "ernste" Botschaft von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan übergibt, reagiert Assad ungehalten: "Wenn Sie wegen eines Kompromisses gekommen sind, dann lehnen wir ihn ab. Wenn Sie aber Krieg wollen, dann können Sie ihn haben - in der ganzen Region", zitieren ihn libanesische Medien in Beirut.

Die Proteste gegen Syriens brutale Innenpolitik nehmen zu. Hier ein Bild von einer Demonstration vor der syrischen Botschaft in Kairo am Freitag. (Foto: AFP)

In der Botschaft aus Ankara wurde Assad türkischen Medien zufolge aufgefordert, bei der blutigen militärischen Unterdrückung der Protestbewegung in seinem Land Zurückhaltung zu zeigen. Der syrische Präsident riskiere die internationale Isolierung, wenn er damit fortfahre.

Vom wachsenden internationalen Druck zeigt sich Assad jedoch bislang unbeeindrucht. Parallel zum Besuch Davutoglus in Damaskus weitete das syrische Militär seine Offensive gegen Regimegegner auf eine Stadt nahe der Grenze zur Türkei aus. Die Einheiten seien im Morgengrauen in Binnisch eingerückt, berichteten Augenzeugen.

Auch in der Protesthochburg Deir al-Sor wurden die Kämpfe fortgesetzt. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen soll dort eine gepanzerte Einheit bis zur Stadtmitte vorgedrungen sein - eine Darstellung, der die staatliche Nachrichtenagentur Syriens widerspricht. Laut der Agentur sei "nicht ein einziger Panzer" in die Stadt vorgedrungen.

Insgesamt wurden nach Berichten von Menschenrechtlern allein am Dienstag 30 Zivilisten von Regierungstruppen getötet. Weil die syrischen Behörden die meisten ausländischen Korrespondenten ausgewiesen haben, können die Angaben jedoch kaum von unabhängiger Seite überprüft werden.

Davutoglu war am Morgen in Damaskus eingetroffen, um Präsident Baschar al-Assad von der Niederschlagung demokratischer Proteste abzubringen. Er traf seinen syrischen Amtskollegen Walid al-Muallim, dem er - wie es im Vorfeld in Ankara geheißen hatte - eine "ernste" Botschaft von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan überbringen wollte.

Die Türkei hatte zuletzt scharfe Kritik an der blutigen Unterdrückung der syrischen Protestbewegung durch das Regime von Präsident Baschar al-Assad geäußert. Die Unruhen in Syrien, bei denen nach Angaben der Opposition bislang fast 2000 Regimegegner getötet wurden, seien auch eine innere türkische Angelegenheit erklärte Erdogan in einer Ansprache am Montag. "Unsere Geduld ist bald am Ende" sagte der Ministerpräsident.

Auch Vertreter aus Indien, Brasilien und Südafrika wollen den internationalen Druck auf Assads Regime weiter erhöhen. Nach der Kritik arabischer Staaten am brutalen Vorgehen der Regierung in Damaskus gegen Demonstranten werden die Gesandten der drei Schwellenländer an diesem Dienstag zu Gesprächen mit Syriens Außenminister Muallim zusammentreffen.

Die drei Länder würden zur Zurückhaltung aufrufen und dazu, der Gewalt abzuschwören, kündigte der indische UN-Botschafter Hardeep Singh Puri an. Zudem wolle man zu Reformen auffordern und damit den Ruf der Bevölkerung nach demokratischen Verhältnissen unterstützen. Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff sagte, Gespräche mit Syriens Führung seien die beste Lösung, um das Blutvergießen zu beenden.

USA begrüßen arabische Kritik an Syriens Präsident Assad

Zuvor hatten die USA bereits die deutliche Kritik arabischer Staaten an der blutigen Niederschlagung der Proteste begrüßt. "Wir fühlen uns sehr ermutigt durch die klaren Erklärungen der Arabischen Liga und des Golf-Kooperationsrates", sagte Mark Toner, Sprecher des US-Außenministeriums. Die Reaktionen dieser Gremien seien eine wichtige Botschaft. Syrien werde politisch zunehmend isoliert.

Der Kooperationsrat hatte sich am Samstag klar auf die Seite der Demonstranten gestellt, deren Proteste zuletzt immer wieder von Regierungstruppen niedergeschlagen worden waren. Die Bestrebungen der Menschen müssten anerkannt und das Blutvergießen beendet werden, hatte das Gremium am Samstag in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad gefordert. Dem Golf-Kooperationsrat gehören Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Katar, Kuwait und Oman an.

Auch Saudi-Arabiens König Abdullah hatte jüngst mit ungewöhnlich harschen Worten Assads Innenpolitik getadelt. "Was in Syrien geschieht, ist für Saudi-Arabien nicht zu akzeptieren", hatte Abdullah in einer im TV-Sender al-Arabija verlesenen Erklärung mitgeteilt.

© sueddeutsche.de/dpa/dapd/ros - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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