Unruhen in Ägypten:Zweifel und zweifelhafte Beweise

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Die Demonstranten in Ägypten haben Bilder ins Netz gestellt, die beweisen sollen: Präsident Mubarak ist für die Gewalt verantwortlich. Doch Zweifel an den Belegen sind durchaus angebracht.

Das ägyptische Fernsehen sendet Bilder von Gegnern von Hosni Mubarak, die Molotowcocktails werfen, und warnt davor, dass die Protestierenden auf dem Tahrir-Platz das Land zerstören wollen. Präsident Mubarak hat das staatliche Fernsehen und die gelenkten Medien fest im Griff. Von seinen Anhängern würde keine Gewalt ausgehen, heißt es immer wieder im Fernsehen. Mubarak lehne Gewalt strikt ab. Im Internet werden ganz andere Bilder gezeigt. Oppositionelle versuchen, die Propaganda des Präsidenten zu widerlegen.

Gewalt in Ägypten: Die Demonstrationen gehen weiter. (Foto: AP)

Für besonderes Interesse sorgen derzeit Videos, die Mubarak-Gegner ins Netz gestellt haben und die beweisen sollen, dass der Präsident für die Gewalt in Kairo verantwortlich ist. In einem Youtube-Clip steht ein junger Mann mit buntem Schal umringt von einer Menschenmasse auf dem Tahrir-Platz. In der rechten Hand hält er ein Dokument und reckt es minutenlang in die Kamera. Ein Ausweis, den die Demonstranten offenbar einem Mubarak-Anhänger abgenommen haben. Darauf das Zeichen der örtlichen Polizei.

Für die Demonstranten ist das der Beleg: Viele der gewaltbereiten Anhänger des Präsidenten arbeiten für die Polizei oder die Regierungspartei und Mubarak ist weit mehr in die Auseinandersetzungen involviert, als er zugibt.

Auf einem Foto, das im Internet kursiert, sind zehn Ausweise von Mubarak-Anhängern abgebildet - links oben die Symbole der Polizei oder der Regierungspartei. Sie wurden auf ein Gitter gelegt, daneben eine Waffe und eine Patronenhülse. Angeblich die Beute, die die Protestierenden konfisziert haben.

Eindeutige Beweise sind die Bilder, die die Demonstranten ins Netz gestellt haben, nicht. Zu leicht könnten sie manipuliert worden sein. Ob die Ausweise tatsächlich den Regimetreuen abgenommen worden sind? Sie könnten theoretisch auch an einem ganz anderen Ort gefunden worden seien, abgefilmt und auf Youtube hochgeladen.

Bereits seit Tagen war spekuliert worden, inwieweit der Regierungsapparat bei den Auseinandersetzungen seine Finger mit im Spiel hat. Es gibt Schägertruppen, die Baltagija genannt werden, Axtträger. Sie tragen ärmliche Kleidung, leben in Slums - und lassen sich für Geld anheuern. Auch in der Vergangenheit bei Wahlen wurden sie schon engagiert, um dafür zu sorgen, dass die beabsichtigte Person die Wahl gewinnt. In diesen Tagen sind viele von ihnen gesichtet worden. Viele Regimetreue reiten zudem auf Kamelen und Pferden durch die Straßen und gehen von dort aus gegen die Demonstranten vor. Angeblich sind auch sie gekauft, normalerweise würden sie Touristen zu den Pyramiden führen, heißt es.

"Ich bin sehr unglücklich", sagte Präsident Mubarak am Donnerstag in einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender ABC . "Ich will nicht sehen, wie Ägypter sich gegenseitig bekämpfen." Für viele ist diese Aussage nur noch wenig glaubwürdig.

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