Ungarn:Mit prallem Selbstbewusstsein

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Trotz ihrer Suspendierung durch die Europäische Volkspartei (EVP): Die ungarische Regierungspartei Fidesz positioniert sich forsch für die Europawahl. Im Mittelpunkt steht das Thema Migration.

Von Peter Münch, Wien

Seit ihrer Suspendierung durch die Europäische Volkspartei (EVP) lässt die ungarische Regierungspartei Fidesz die Muskeln spielen. Mit prallem Selbstbewusstsein wird der von den EU-Partnern als Warnschuss gedachte Schritt zum Erfolg und zum Beweis der eigenen Prinzipientreue umgemünzt. Ministerpräsident Viktor Orbán wettert weiter gegen die EU-Institutionen, und sein Regierungssprecher Zoltán Kovács erklärt vor Korrespondenten in Wien: "Niemand kann uns suspendieren oder ausschließen, wir selbst haben unsere Mitgliedschaft freiwillig eingefroren. Aber wenn uns jemand nicht will, dann gehen wir aus eigener Entscheidung."

Am nächsten Freitag will Orbán das Fidesz-Wahlprogramm für die Ende Mai stattfindende Europawahl offiziell vorstellen. Laut Kovács wird dabei, wenig überraschend, die Migration im Mittelpunkt stehen. Bei diesem Thema zeige sich "wie in einem Prisma, vor welchen Herausforderungen Europa steht". Dass die EU aus ungarischer Sicht diesen Herausforderungen nicht gewachsen ist, hat Orbán bereits vorab mit einer Kaskade an Vorwürfen klargemacht. "Die Brüsseler Politiker leben in einer Blase", sagte er, die "Brüsseler Bürokraten-Elite" habe den Bezug zur Realität verloren.

Kovács legte nun nach mit Angriffen auf die EVP, die "nach links" abdrifte. In dieser Lesart ist es dann nicht mehr die Fidesz-Partei, die gegen die gemeinsamen Werte der konservativen Parteienfamilie verstößt. Vielmehr gäben die EVP-Partner mit einer "sozial-liberalen Agenda die Prinzipien auf", meinte Kovács. Zunehmend ins Fadenkreuz der Budapester Kritik gerät der EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber, der bei der angestrebten Wahl zum EU-Kommissionspräsidenten auch auf Stimmen von Liberalen oder Grünen angewiesen sein dürfte. Der CSU-Politiker hatte Orbán für den Verbleib in der EVP ultimative Forderungen gestellt. "Wer den Premierminister und Ungarn kennt, der müsste wissen, dass Ultimaten nicht funktionieren", sagte Kovács nun. Eine Unterstützung Webers knüpfte er jetzt seinerseits an "zwei Bedingungen": Er müsse die christlichen Werte verteidigen und einen Anti-Migrationskurs unterstützen.

Wenig beeindruckt zeigt man sich in Budapest auch von der angekündigten Entsendung eines "dreiköpfigen Weisenrats", der im Auftrag der EVP untersuchen soll, ob Fidesz noch ins Parteienbündnis passt. "Für uns ist das keine Debatte über die Mitgliedschaft in der EVP, sondern um die Zukunft Europas" erklärte Kovács. Er erwartet, dass sich nach der Europawahl "die Machtbalance im EU-Parlament fundamental verändern wird." Im Licht des Ergebnisses werde die Fidesz-Partei dann nach dem Wahltag über ihr weiteres Vorgehen entscheiden. Einer Umfrage des regierungsnahen Nézöpont-Instituts zufolge hat sich der Konflikt mit den Partner zumindest auf nationaler Ebene bereits ausgezahlt: Die Fidesz-Partei könnte demnach in Ungarn mit 56 Prozent der Stimmen und 14 Mandaten im Europaparlament rechnen.

© SZ vom 02.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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