UN-Resolution:Netanjahu wirft Obama "schändlichen Schlag" vor

Lesezeit: 2 min

Zwischen Israel und den USA eskaliert der Streit über die UN-Resolution zur Siedlungspolitik.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Zwischen Israel und der US-Regierung ist der Streit um die Siedlungspolitik eskaliert. Der Jerusalemer Regierungschef Benjamin Netanjahu warf dem scheidenden US-Präsidenten Barack Obama eine "antiisraelische Haltung" und einen "schändlichen Schlag gegen Israel bei den Vereinten Nationen" vor, nachdem Washington im Sicherheitsrat am Freitag überraschend auf ein Veto gegen eine UN-Resolution verzichtet hatte. Mit 14 gegen null Stimmen bei einer Enthaltung der USA wird Israel darin zum sofortigen Stopp des Siedlungsbaus in den seit 1967 besetzten Palästinensergebieten aufgefordert.

Die israelische Regierung nahm das zum Anlass für einen beispiellosen diplomatischen Rundumschlag. Neben dem US-Botschafter wurden auch alle in Israel vertretenen Botschafter der anderen Sicherheitsratsmitglieder einbestellt. Der ukrainische Regierungschef Wolodymyr Hrojsman wurde kurz vor einem Israel-Besuch ausgeladen, auch ein geplantes Treffen Netanjahus mit der britischen Premierministerin Theresa May wurde abgesagt. Zudem kündigte Netanjahu an, die Finanzierung von UN-Einrichtungen und die Anwesenheit von UN-Vertretern im Land zu überprüfen. Erziehungsminister Naftali Bennett forderte überdies als Antwort auf die Resolution eine Annexion großer Teile des besetzten Westjordanlands.

Unterstützung bei diesem Kurs erfuhr die israelische Regierung vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Er bezeichnete die Resolution als Hindernis auf dem Weg zum Frieden und kündigte per Twitter an: "Bezüglich der UN - nach dem 20. Januar wird es anders sein." Netanjahu betonte im Gegenzug, wie sehr er sich auf die Zusammenarbeit mit Trump freue.

Es war das erste Mal seit 1980, dass die israelische Siedlungspolitik im Sicherheitsrat verurteilt wurde. Dokumentiert wird damit auch ein Tiefpunkt in der seit Jahren angespannten Beziehung zwischen Obama und Netanjahu. Washington begründete den Verzicht auf das Veto damit, dass die Verurteilung des Siedlungsbaus in der Resolution die langjährigen Positionen der US-Regierung widerspiegele. Allerdings war eine ähnliche Resolution noch 2011 unter Obama blockiert worden. Nun brach sich offenbar die Frustration darüber Bahn, dass Israel den Siedlungsbau in den vergangenen Jahren weiter forciert hat. Nach US-Angaben veranlasste ein gerade in der Knesset verhandeltes Gesetz, das eine Legalisierung aller bislang selbst nach israelischem Recht illegalen Siedlungsaußenposten vorsieht, die USA zum Handeln.

Unmittelbare Auswirkungen dieser nicht bindenden Resolution muss Israel kaum fürchten. Eine Gefahr besteht höchstens darin, dass die Verurteilung des Siedlungsbaus als "schamlose Verletzung des internationalen Rechts" den Weg ebnen könnte zu Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Gerätselt wird überdies, ob in den dreieinhalb Wochen bis zu Obamas Abschied noch weitere Schritte Washingtons folgen. Eine Bühne dafür könnte am 15. Januar eine von Israel heftig abgelehnte Nahost-Konferenz in Paris bieten.

© SZ vom 27.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: