Umweltschutz:Frust über das langsame Tempo

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UN-Generalsekretär Guterres klagt an: Wenn sich unsere Lebensstile nicht schnell änderten, „gefährden wir uns selbst“, sagte er zu Beginn der Klimakonferenz in Madrid. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)

In Madrid beginnt der Klimagipfel - der UN-Generalsekretär warnt.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Es gibt einen Satz an Phrasen, die bei der Eröffnung einer Klimakonferenz immer zu hören sind. "Die Uhr tickt", ist so eine, oder: " The time to act is now" - die Zeit zu handeln ist jetzt. Diese Sätze waren noch nie falsch. Allerdings verpufften die Appelle stets ohne große Wirkung, sonst hätten Staats- und Regierungschefs sie nicht bei jeder neuen Klimakonferenz wiederholen müssen. Gemessen daran ist der Beginn der 25. UN-Klimakonferenz in Madrid bemerkenswert. Denn UN-Generalsekretär António Guterres nutzte seinen Auftritt nicht für die üblichen Aufrufe, sondern für eine Anklage.

"Was mich frustriert, ist das langsame Tempo des Wandels", sagte er zum Auftakt, "vor allem angesichts des Umstands, dass die meisten Werkzeuge und Technologien schon verfügbar sind." Es sei ja schön, dass sich viele Staaten von fossiler Energie abwenden wollten. "Aber wir warten immer noch darauf, dass sich die meisten G-20-Staaten in Richtung Transformation bewegen." Schließlich seien diese 20 größten Wirtschaftsmächte, zu denen auch Deutschland gehört, für mehr als drei Viertel aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Manche Staaten planten sogar neue Kohlekraftwerke, warnte Guterres. "Entweder stoppen wir diese Sucht nach Kohle, oder all unsere Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel sind vergeblich." Wenn sich an den Lebensstilen nicht schnell etwas ändere, "gefährden wir uns selbst". Das war deutlich.

Dabei geht es beim Gipfel zunächst nur mittelbar um Lebensstile und Kohlekraft. Die erste Hälfte der zweiwöchigen Konferenz ist den Fachbeamten vorbehalten; es geht um das Kleingedruckte des Paris-Abkommens. Schwierigstes Thema werden die sogenannten "Marktmechanismen", mit denen sich Klimaschutzmaßnahmen auch in Drittstaaten auslagern lassen - über einen internationalen Handel mit Zertifikaten. Auch soll es möglich werden, Emissionshandelssysteme zu koppeln. Entscheidungen werden erst gegen Ende nächster Woche fallen, dann reisen die Minister an. Fall es überhaupt Entscheidungen gibt, denn die Materie ist komplex.

Zuversicht verbreitet am ehesten noch Ursula von der Leyen, die an ihrem ersten Arbeitsmontag als Chefin der EU-Kommission nach Madrid gereist ist. In drei "Gedanken" präsentiert sie ihren " Green european deal" für ein klimafreundliches Europa, samt einer Billion Euro Investitionen, einem höheren Preis auf Kohlendioxid und einem sozialen Ausgleich für jene, die auf dem Weg in eine grünere EU ihre Arbeit verlieren. "Wenn manche über Kosten reden, sollten wir im Kopf behalten, was es kosten wird, wenn wir nichts tun", rät von der Leyen. Im März solle das Ziel einer "klimaneutralen EU" per Gesetz "irreversibel" gemacht werden.

Die Konferenz hatte ursprünglich in Chile stattfinden sollen, wurde aber wegen der Unruhen dort abgesagt. In letzter Minute war Spanien eingesprungen, den Vorsitz führt aber weiterhin Chiles Umweltministerin Carolina Schmidt. Das Motto hat sie mitgebracht, es stand schon länger fest: " Es tiempo de actuar" - es ist Zeit zu handeln.

© SZ vom 03.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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