Umwelthilfe:Von Mängeln und Rügen

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Die umstrittene Deutsche Umwelthilfe kann weiterhin ungehindert abmahnen und klagen. Das hat der Bundesgerichtshof eben entschieden. Aber was hat es eigentlich mit dem Abmahnwesen auf sich?

Von Anika Blatz und Jan Bielicki, München

Darf die Deutsche Umwelthilfe (DUH) einen Autohändler abmahnen, der einen Wagen bewirbt, ohne dabei gesetzlich vorgeschriebene Angaben zum Spritverbrauch zu machen? Der Bundesgerichtshof hat am Donnerstag entschieden: Sie darf. Aber warum?

Wer darf einen anderen abmahnen?

Eigentlich darf das jeder - wenn er denn vom mangelhaften Verhalten eines anderen unmittelbar betroffen und beeinträchtigt ist. Per Abmahnung kann er dann fordern, das gerügte Verhalten künftig zu unterlassen. Vor allem im Arbeits- und im Wettbewerbsrecht wird dieses Instrument oft verwendet. Unterlassungsansprüche gibt es dabei viele: So hat etwa der Vermieter einen Unterlassungsanspruch gegen seinen Mieter, wenn der die Wohnung vertragswidrig nutzt. Oder der Urheber gegen denjenigen, der sein Urheberrecht verletzt. Oder ein Mitbewerber, sogar ein Verbraucher, wenn ein Marktteilnehmer mit unlauteren geschäftlichen Handlungen auffällt, die den Mitbewerber oder den Verbraucher schädigen. Ziel einer Abmahnung ist es zunächst, dass der Abgemahnte sein beanstandetes Tun freiwillig unterlässt. Gibt er die geforderte Unterlassungserklärung jedoch nicht ab, kann der Abmahnende klagen. So war es auch im Fall des Autohauses, das ein Abmahn-Schreiben von der DUH erhielt, aber lieber ein Verfahren bis hinauf zum BGH durchfocht - wenn auch ohne Erfolg.

Fehler in einer Auto-Werbung betreffen die DUH aber nicht unmittelbar. Wieso darf ein Verein trotzdem auf Unterlassung klagen?

Hier kommt die sogenannte Verbandsklage ins Spiel. Durch sie erhalten Verbände und Vereine die Befugnis, in eigenem Namen über ein fremdes Recht einen Prozess zu führen. Besonders Vorschriften, die Verbraucher schützen, soll so zur Durchsetzung verholfen werden. Das Unterlassungsklagengesetz sieht darum vor, dass außer Verbänden wie etwa Handwerks-, Industrie- und Handelskammern, die viele Betroffene vertreten, auch sogenannte "qualifizierte Einrichtungen" abmahnen und klagen dürfen. Wer das ist, lässt sich auf einer Liste des Bundesamtes für Justiz einsehen. Auf dieser sind derzeit 78 Vereine geführt, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, Verbraucherinteressen wahrzunehmen: Verbraucherzentralen etwa oder Mietervereine, aber beispielsweise auch der ADAC. Und eben die Deutsche Umwelthilfe.

Wer ist diese DUH überhaupt?

Die DUH gibt es seit 1975. Laut Satzung verfolgt der eingetragene Verein "den Zweck, den Natur- und Umweltschutz sowie den umwelt- und gesundheitsrelevanten Verbraucherschutz, insbesondere durch Aufklärung und Beratung der Verbraucher, zu fördern". Als treibende Kraft des Vereins, der nur, Stand Mai, 414 Mitglieder, aber etwa 100 bezahlte Mitarbeiter hat, gilt Jürgen Resch, seit mehr als 30 Jahren Bundesgeschäftsführer. Er machte die auch politisch gut vernetzte DUH, der zeitweise etwa der langjährige Staatssekretär Rainer Baake (Grüne) als Mitgeschäftsführer diente, mit ihrer Kampagne für das Dosenpfand bekannt. Und er führte sie in den juristischen Kampf gegen die Feinstaubbelastung in den Städten, in dem sie vielerorts Diesel-Fahrverbote erstritt. Juristisches Hirn dahinter ist der Anwalt Remo Klinger, der aus einer Kanzlei kommt, die einst der spätere Bundesinnenminister Otto Schily (Grüne/SPD) gegründet hatte.

Was nimmt die DUH mit ihren Abmahnungen ein?

Jedes Jahr geht die DUH eigenen Angaben zufolge etwa 400 Mal mit Klagen gegen Unternehmen vor, die ihrer Ansicht nach gegen gesetzliche Auflagen zum Schutz von Umwelt und Verbrauchern verstoßen. Aus dem, was sie "Ökologische Marktüberwachung" nennt, hat sie 2017 fast 2,2 Millionen Euro eingenommen, ein gutes Viertel ihres Gesamtetats von 8,3 Millionen Euro.

Und was haben solche Abmahnungen mit Diesel-Fahrverboten zu tun?

Auch in den Dieselfahrverbots-Verfahren nutzt die DUH ein ähnliches Recht auf Verbandsklage und verklagt Kommunen, Sorge zu treffen, dass gesetzliche Grenzwerte etwa für Feinstaub nicht weiterhin überschritten werden. Als anerkannte Umweltvereinigung darf sie das, seitdem 2013 auf Druck des Europäischen Gerichtshofs das Verbandsklagerecht im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) erweitert wurde.

Die CDU will prüfen lassen, ob man der DUH die Gemeinnützigkeit absprechen könnte. Was hat es damit auf sich?

Der Zweck, Umweltschutz zu fördern, gilt gemäß Abgabenordnung als gemeinnützig. Spenden an die Umwelthilfe lassen sich daher steuerlich absetzen. Noch wichtiger für den Verein aber ist: Nur eine gemeinnützige Vereinigung hat laut UmwRG das Recht zur Verbandsklage vor Verwaltungsgerichten - etwa gegen schmutzige Diesel.

© SZ vom 06.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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