Umstellung der Kfz-Steuer:Länder befürchten Einbußen durch CO2-Steuer

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Die Regierung will die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer künftig an den Abgasausstoß koppeln. Während Sachsen-Anhalt und Thüringen einen schnellen Umbau ablehnen, unterstützen Bayern und Baden-Württemberg die Idee von Verkehrsminister Tiefensee. Zustimmung kommt sogar vom ADAC.

Katja Auer, Angela Köckritz, Christiane Kohl und Bernd Dörries

Die Regierung in Berlin ist fest entschlossen, die Kraftfahrzeugsteuer schnell umzustrukturieren und die Berechnung künftig statt an den Hubraum an den Abgasausstoß zu koppeln. ,,Wenn alle Beteiligten an einem Strick ziehen, und zwar am gleichen Ende und in die gleiche Richtung, dann können wir das bis Ende des Jahres schaffen'', warb Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag für Unterstützung.

Bei den Landesregierungen, die für die Kfz-Steuer zuständig sind, zeichnete sich jedoch bislang keine klare Haltung ab. Vielfach überwog die Skepsis, dass eine Neuregelung zu Lasten der Länder und der Bürger gehen könnte. Der Verkehrsminister von Sachsen-Anhalt, Karl-Heinz Daehre (CDU), betonte, es habe keinen Sinn, ,,Vorschläge im Fünf-Minuten-Takt'' zu machen. Positiv reagierten Sachsen, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern auf die Idee von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD).

,,Unter dem Strich sollen die Autofahrer insgesamt nicht mehr Steuern bezahlen als bislang'', betonte Gabriel. Mit einer Umstellung von Hubraum auf CO2-Ausstoß bei der Steuerberechnung werde für einen Energieeffizienz-Wettbewerb innerhalb der Fahrzeugklassen gesorgt. Auch einkommensschwache Bürger müssten es sich künftig noch leisten können, Auto zu fahren, betonte Tiefensee. ,,Deshalb diskutieren wir über Abschläge und Freibeträge.''

Kritik aus Sachsen-Anhalt

Karl-Heinz Daehre bezeichnete den Vorstoß von Tiefensee als ,,wenig hilfreich''. Notwendig sei hingegen ,,ein Gesamtkonzept'', sagte der Politiker aus Magdeburg. Das fordert auch die thüringische Landesregierung. Grundsätzlich hält man in Erfurt ein Gesetz zur Besteuerung des Schadstoffausstoßes zwar für richtig.

Was Tiefensee vorschlage aber sei ,,zu schnell und zu kurz gesprungen'', sagte der Staatssekretär im Umweltministerium, Christian Juckenack. ,,Die Kfz-Steuer ist nicht geeignet, um damit ökologische Steuerung zu betreiben'', sagte auch Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU).

Zustimmung kam aus Sachsen und Niedersachsen. ,,Die Pläne sehen wir positiv, es darf aber keine neue Bürokratiewelle entstehen'', sagte der Sprecher des Verkehrsministeriums in Hannover, Christian Haegele. Tiefensees Vorschläge seien allerdings recht allgemein. Auch Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) findet die Idee gut. Allerdings müssten die Umwelt- und Finanzminister der Länder frühzeitig in die Gespräche eingebunden werden. Schnappauf fordert ein ,,durchdachtes Konzept'', das nicht auf Kosten der Länder gehen dürfe.

,,Die Kfz-Steuer ist schon seit längerem nicht mehr zeitgemäß, weil sie einen hohen Verwaltungsaufwand auslöst und der Hubraum weder ein Faktor für die Straßennutzung noch für die Lärm- oder Luftemission ist'', sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU). Deswegen seien Vorschläge, die ökologische Kriterien stärker berücksichtigten, positiv.

Eine Umgestaltung dürfe aber weder bei den Bürgern noch in den Landeshaushalten insgesamt zu einer Mehrbelastung führen. ,,Es besteht zudem die Gefahr, dass der jetzt schon hohe Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Kfz-Steuer durch die Ausrichtung am CO2-Ausstoß noch steigen wird. Hier ist im Detail sicherlich noch viel Arbeit zu leisten'', sagte Oettinger.

ADAC äußert sich zustimmend

Zustimmende Signale erhielt die Regierung vom größten deutschen Automobilclub. ,,Der ADAC fordert seit etwa zweieinhalb Jahren die Umstellung der Kfz-Steuer von Hubraum auf Schadstoff, das heißt CO2-Ausstoß'', sagte ADAC-Testleiter Martin Rempfer laut dem Nachrichtensender N24. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) kritisierte dagegen, dass der Schadstoffausstoß nicht genau zu erfassen sei.

Als Alternative schlug der AvD eine Erhöhung der Mineralölsteuer vor. Im Gegenzug sollte die Kfz-Steuer ganz abgeschafft werden. ,,Die Emissionen eines Fahrzeuges hängen direkt mit dem Verbrauch zusammen, hier gilt die einfache Formel: hoher Verbrauch gleich hoher Schadstoffausstoß'', hieß es in der Erklärung.

Der Automobilkonzern DaimlerChrysler hält eine Reform der Kraftfahrzeugsteuer für vernünftig. Das sagte eine Konzernsprecherin am Montag zu den Plänen der Bundesregierung. ,,Die Steuer muss aber wettbewerbsneutral sein'', sagte die Sprecherin. Das neue Gesetz könnte ein Ansatz sein, die CO2-Emissionen in den Griff zu bekommen.

Forderung nach City-Maut

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) forderte die deutsche Autoindustrie auf, sich nicht nur auf die Produktion von Luxuskarossen im oberen Preissegment zu konzentrieren. ,,Hersteller brauchen einen Strategiewechsel hin zu kleineren Wägen'', sagte BUND-Vorstand Helmut Horn bei der Vorstellung des ,,Europäischen Klima-Fahrtenbuchs 2012''.

Anders seien die Klimavorgaben der EU kaum umzusetzen. Die deutsche Industrie habe bei Dieselmotoren ,,einen Riesenfortschritt verspielt'', kritisierte BUND-Autoexperte Werner Reh. Statt die sparsamen Motoren für umweltfreundliche Autos einzusetzen, habe sie diese für schwere große Wägen genutzt.

Der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller, forderte indessen die großen Kommunen auf, die Einführung einer City-Maut voranzutreiben. ,,Die Städte müssen endlich die europäischen Erfahrungen, etwa in London, auswerten und aufgreifen'', sagte der SPD-Politiker laut Saarbrücker Zeitung. Der Deutsche Städtetag sei jetzt gefordert, Vorschläge zu unterbreiten.

© SZ vom 20.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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