Ukraine:Staatschef Janukowitsch begnadigt Timoschenko-Vertraute

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Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat mehrere enge Vertraute von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko begnadigt. Oppositionsführer Vitali Klitschko begrüßt den Schritt - und kündigt an, weiter für die Freilassung Timoschenkos zu kämpfen.

Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat zwei Verbündete seiner wichtigsten politischen Gegnerin Julia Timoschenko begnadigt. Eine Lockerung seiner Haltung gegen sie ließ er jedoch nicht erkennen. "Janukowitsch hat ein Dekret erlassen, um sechs verurteilte Personen zu begnadigen", teilte dessen Büro mit. Unter ihnen seien der frühere Innenminister Juri Luzenko und der ehemalige Umweltminister Heorhij Filiptschuk. Beide saßen eine Gefängnisstrafe wegen Amtsmissbrauchs ab.

Neben den beiden ehemaligen Ministern wurden laut dem Präsidentenbüro fünf weitere Verurteilte begnadigt. Das Oberste Gericht hatte erst am vergangenen Montag die vierjährige Gefängnisstrafe gegen Luzenko wegen Amtsmissbrauchs und Betrugs in einem Berufungsurteil bestätigt. Er ist ein enger Vertrauter Timoschenkos, die eine Haftstrafe von sieben Jahren wegen Machtmissbrauchs verbüßt. Außerdem ist sie wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Daneben verfolgt die Staatsanwaltschaft den Vorwurf, sie habe 1996 einen Auftragsmörder angeheuert, um einen Geschäftsmann und Parlamentsabgeordneten aus dem Weg zu schaffen. Mit ihrer baldigen Begnadigung rechneten Experten auch nach den jüngsten Entwicklungen nicht.

Bei einer Demonstration in der Hauptstadt Kiew forderten rund 7000 Demonstranten am Sonntag die Freilassung Timoschenkos und aller "politischen Gefangenen". Luzenko sprach per Telefon zu den Teilnehmern der Kundgebung: "Ich bin sehr glücklich, dass ich endlich wieder unter denen bin, die wie ich von einer freien, demokratischen und europäischen Ukraine träumen." Mit Blick auf die Orangene Revolution von 2004 fügte der 48-jährige hinzu: "Wir haben schon einmal gewonnen, und wir werden wieder gewinnen."

Der Oppositionsführer und Boxer Vitali Klitschko sagte bei der Demonstration in Kiew, die Freilassung Timoschenkos sei eine Priorität. "Kein Staat kann sich demokratisch nennen, so lange es politische Gefangene gibt." Die Opposition werde für Timoschenko und andere Inhaftierte kämpfen.

Der Westen hatte die Urteile gegen Luzenko und Timoschenko als politisch motiviert kritisiert. Die Begnadigung Luzenkos wird als Versuch Janukowitschs gewertet, die Beziehungen der Ukraine zur EU wieder zu verbessern. So hat Brüssel ein lange geplantes Wirtschaftsabkommen mit Kiew derzeit auf Eis gelegt.

Der EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle begrüßte die Begnadigungen. Über den Kurznachrichtendienst Twitter erklärte er, es handle sich um einen "ersten, aber wichtigen Schritt". Auch der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, begrüßte die Entscheidung. In der Erklärung des Präsidentenbüros hieß es, die Begnadigungen stünden in Einklang mit Reformen des Strafrechts mit dem Ziel, "die Regeln menschlicher zu machen und die Zahl der Häftlinge zu senken".

Luzenko hat nach Angaben seiner Familie starke gesundheitliche Probleme, die durch die seit 2010 andauernde Haft verstärkt worden seien. Auch sein Anwalt Alexej Baganez zeigte sich hoch erfreut: "Das ist ein Akt der Gnade gegenüber einem Mann, der zu unrecht verhaftet, angeklagt und verurteilt worden ist."

© Süddeutsche.de/afp/Reuters/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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