Nato:Haubitzen fürs Baltikum

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350 zusätzliche Soldatinnen und Soldaten mitsamt Gerät - hier beim Abmarsch in Munster - verlegt die Bundeswehr gerade nach Litauen. (Foto: Philipp Schulze/dpa)

Was es mit der Verlegung von Bundeswehrsoldaten nach Litauen auf sich hat.

Von Mike Szymanski, Berlin

Die Panzerhaubitzen machen den Anfang: Am Montag hat das Artillerielehrbataillon 325 im niedersächsischen Munster sechs solcher Geschütze auf Schwerlasttransporter verladen. Inmitten des Konfliktes mit Russland um die Ukraine schickt die Bundeswehr weitere Soldaten und zusätzliches Material nach Osteuropa, konkret an die Ostflanke der Nato. Das Ziel: Litauen. 350 Soldatinnen und Soldaten und 100 Fahrzeuge sollen dorthin verlegt werden. So hatte es die neue Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) vergangene Woche angekündigt. In Litauen trainiert die Bundeswehr zusammen mit den Nato-Verbündeten seit 2017 für den Fall, dass Litauen angegriffen wird. Seitdem Russland 2014 die Krim annektiert hat, geht im Baltikum die Angst um. Die Nato hat deshalb ihre Einsatzbereitschaft dort mit neuen Truppenverbänden verstärkt, 2016 fiel der Beschluss.

Nach Estland, Lettland, Litauen und Polen wurde jeweils ein multinationales Bataillon entsandt, es verstärkt die Streitkräfte der jeweiligen Gastländer. "Enhanced Forward Presence" heißt die Nato-Mission, "Verstärkte Vornepräsenz". Die Bundeswehr führt seit 2017 den Nato-Verband in Litauen an, eine von vier internationalen "Battlegroups" mit etwa 1000 Soldatinnen und Soldaten. Großbritannien steht an der Spitze des Kampfverbands in Estland, in Lettland sind die Kanadier und weiter südlich, in Polen, die Amerikaner im Einsatz. Der russische Truppenaufmarsch an den Grenzen der Ukraine hat die Furcht vor Moskau im Baltikum nur noch weiter wachsen lassen.

Normalerweise stellt Deutschland in Litauen etwa 550 Soldaten, demnächst werden es 900 sein. Das Verteidigungsministerium sieht darin ein "klares Zeichen der Solidarität mit unseren Verbündeten und Freunden". Auch die Partner verstärken ihre Truppen. Dazu muss man allerdings wissen, dass die Bundeswehr ihre Kräfte in Litauen regelmäßig aufstockt.

Auf deutschen Autobahnen dürfte es jetzt mehr Militärkonvois geben

Das geschieht routinemäßig jedes halbe Jahr. Immer dann, wenn größere Gefechtsübungen anstehen, die den Zweck haben, die Einsatzbereitschaft unter Beweis zu stellen. Die Bundeswehr hat nicht mehr genügend Panzerhaubitzen im Bestand, um einen Teil davon dauerhaft in Litauen belassen zu können. Regulär wären die Kräfte also, die sich jetzt auf den Weg gemacht haben, im Mai ins Baltikum verlegt worden. Nun musste es schneller gehen.

Im Falle eines Angriffs auf Litauen - so wird es regelmäßig geübt - soll der Verband den Angreifer immer wieder in kurze Feuergefechte verwickeln und den Vormarsch verzögern, bis Verstärkung da ist. Sollte es tatsächlich zum Konflikt kommen, wären die Nato-Truppen einer klaren Übermacht aus Russland so schnell nicht gewachsen. Russland könnte Studien zufolge ein Vielfaches an Kämpfern in die Schlacht führen. Deshalb geht es neben der Militärpräsenz genauso darum, dass die Nato kurzfristig in der Lage ist, große Truppenkontingente schnell nach Osteuropa zu verlegen.

Zum Beispiel aus Deutschland: Wenn auf den Autobahnen in den nächsten Wochen also mehr Militärkonvois zu sehen sein werden, liegt das nicht nur an der Bundeswehr. Die US-Armee übt parallel, Material und Soldaten zu verlegen. "Defender 2022" heißt die Übung, an der etwa 13 500 Soldaten beteiligt sein sollen.

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