Tunesien:Drei "Komplizen" von Anis Amri verhaftet

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Die Männer sollen in Verbindung zu dem in Italien Getöteten gestanden haben. Einer von ihnen ist ein Neffe des mutmaßlichen Attentäters vom Berliner Weihnachtsmarkt.

Nach dem Tod des mutmaßlichen Attentäters vom Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz haben die Sicherheitsbehörden Tunesiens mehrere mutmaßliche Dschihadisten festgenommen, darunter den Neffen des mutmaßlichen Täters Anis Amri. Die zwischen 18 und 27 Jahre alten Männer seien Mitglieder einer "Terrorzelle", die in Verbindung zu Amri gestanden habe, erklärte das Innenministerium. Amris Neffe sagte den Angaben zufolge aus, sein Onkel habe ihm unter falschem Absender Geld per Post geschickt, damit er ihm nach Deutschland folge. Er habe erklärt, dass sein Onkel der Anführer einer Dschihadistengruppe gewesen sei.

Der Präsident sagt, sein Land könne die Rückkehr von Dschihadisten nicht verhindern

Nach Angaben des Innenministeriums in Tunis sind bereits 800 Dschihadisten aus dem Kampfeinsatz im Nahen Osten in ihre Heimat Tunesien zurückgekehrt. Nach Schätzungen einer UN-Arbeitsgruppe kämpfen mehr als 5000 Tunesier in extremistischen Gruppen vor allem im Irak und in Syrien. Am Samstag hatten Hunderte Menschen vor dem Parlament in Tunis gegen eine Rückkehr von Dschihadisten in ihr Land protestiert. Mehrere Nichtregierungsorganisationen hatten zu der Demonstration aufgerufen, an der nach Angaben der Veranstalter circa 1500 Menschen teilnahmen. Anlass waren Äußerungen von Präsident Béji Caïd Essebsi, wonach die Behörden die Rückkehr von Dschihadisten nicht verhindern könnten.

Genau dies war auch im Fall von Anis Amri ein Streitpunkt gewesen. Amri hatte seit dem Frühjahr in Berlin gelebt, wo ihn die deutschen Behörden als islamistischen "Gefährder" beobachteten. Die tunesischen Behörden hatten sich geweigert, an einer Abschiebung Amris in seine Heimat Tunesien mitzuwirken. Amri hatte keine gültigen Ausweispapiere. Erst zwei Tage nach dem Anschlag in Berlin übermittelten die tunesischen Behörden schließlich den Ersatzpass, der nötig gewesen wäre, um eine Abschiebung zu ermöglichen.

Seit den Aufständen gegen den langjährigen Diktator Tunesiens im Jahr 2011 sind in dem Land mehr als hundert Soldaten und Polizisten bei Anschlägen getötet worden, ebenso wie etwa zwanzig Zivilisten und 59 ausländische Touristen. Der 24-jährige Anis Amri war nach Erkenntnissen der deutschen Ermittler vor einer Woche mit einem Lastwagen über den Markt an der Berliner Gedächtniskirche gerast und hatte zwölf Menschen getötet und fast 50 verletzt. Auf der Flucht wurde er am Freitag von der italienischen Polizei erschossen. Am Montag verdichteten sich zudem die Hinweise, dass er über Frankreich nach Italien gereist ist. Auf den Bildern einer Überwachungskamera am Lyoner Bahnhof Part-Dieu soll Amri zu sehen sein.

© SZ vom 27.12.2016 / afp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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