Tumulte bei Wahl des Kabinetts:Demonstranten stürmen libysches Parlament

Eigentlich sollte nur die Kabinettsliste absegnet werden. Doch die Sitzung endet im Chaos. Demonstranten haben in Libyen das Parlament gestürmt und für einen Abbruch der Sitzung gesorgt.

Der neue libysche Ministerpräsident Ali Seidan hat dem Parlament in Tripolis sein Kabinett vorgestellt - doch zur Abstimmung kam es nicht. Die Sitzung endete am Abend im Tumult. Etwa hundert Zivilisten und Rebellen drangen in den Kongress ein. Parlamentspräsident Mohammed Magarief verschob daraufhin die Bestätigung der Ministerliste. "Die Atmosphäre ist nicht angemessen für eine Abstimmung", erklärte Ministerpräsident Seidan.

Ein lokaler Fernsehsender zeigte den Vorfall, bevor die Übertragung unterbrochen wurde. Die Demonstranten beklagten, dass einige der designierten Minister Verbindungen zum vor einem Jahr gestürzten Regime des ehemaligen Machthabers Muammar al Gaddafi gehabt hätten.

Nachdem Interimspräsident Mohammed el Megarif beschwichtigend eingriff, verließen die Protestierenden den Saal, um kurz darauf wieder einzudringen. Die Abstimmung wurde schließlich auf Mittwoch verschoben.

Libyen soll künftig von einer Koalition der beiden größten Parteien regiert werden. Ministerpräsident Ali Seidan hatte bei der Vorstellung des 27 Mitglieder starken Kabinetts zuvor gesagt, der Ministerrunde würden sowohl Vertreter der liberalen Nationalen Allianz als auch der Partei Gerechtigkeit und Aufbau, die den Muslimbrüdern nahesteht, angehören.

Seidan war erst Anfang Oktober zum Regierungschef gewählt worden, nachdem das Parlament seinem Vorgänger Mustafa Abushagur das Vertrauen entzogen hatte. Nur wenige Monate nach der ersten friedlichen Machtübergabe seit 40 Jahren verdeutlichen sich damit die immensen Schwierigkeiten, in dem nordafrikanischen Land eine stabile Regierung zu bilden.

Die Aufgabe des neuen Ministerpräsidenten wird es sein, eine Regierung aufzustellen, Gesetze zu erlassen und Libyen nach der Ausarbeitung einer Verfassung im kommenden Jahr zu echten Parlamentswahlen zu führen.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/Reuters/rela - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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