Türkei:Riad erlaubt Durchsuchung

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Die Türkei will den Verbleib des Regimekritikers klären, der nach Betreten des saudischen Konsulats in Istanbul verschwunden ist.

Von  Paul-Anton Krüger, München

"Wo ist Jamal Kashoggi?" Das fragt sich nicht nur dieser Demonstrant vor dem saudi-arabischen Konsulat in Istanbul. (Foto: Ozan Kose/afp)

Im Fall des verschwundenen Journalisten Jamal Khashoggi gerät Saudi-Arabien immer stärker unter Druck. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan forderte, Riad müsse Beweise für seine Darstellung vorlegen, dass der 59-Jährige das Konsulat des Königreichs in Istanbul am Dienstag vergangener Woche wieder verlassen habe. Mit den bisherigen Erklärungen werde das Personal des Konsulats nicht davonkommen. Die türkischen Behörden kündigten am Dienstag an, das Gebäude durchsuchen zu wollen. Dazu hatte Kronprinz Mohammed bin Salman Ankara eingeladen. Die Durchsuchung einer diplomatischen Vertretung ist trotz der Schutzbestimmungen des Wiener Übereinkommens möglich, wenn der Chef der Vertretung dem Gastgeberland dies gestattet.

Saudi-Arabien bestreitet weiter vehement, etwas mit dem Verschwinden des Regierungskritikers zu tun zu haben. Berichte über dessen möglichen Tod seien "vollkommen falsch", sagte der Botschafter in Washington, Khalid bin Salman, ein Sohn des Königs und Bruder des Kronprinzen. Dagegen verbreiteten türkische Medien weitere Details, die offenkundig den Verdacht der Ermittler untermauern sollen, Khashoggi sei im Konsulat von einem eigens angereisten Killer-Kommando umgebracht und beiseite geschafft worden.

Regierungsnahe saudische Medien sprechen von einer "orchestrierten Kampagne"

Das regierungsnahe Blatt Sabah berichtet, etwa zwei Stunden, nachdem der Vermisste das Konsulat betreten hatte, hätten sechs Autos mit Diplomatenkennzeichen das Grundstück verlassen. Zuvor seien Kisten in einen schwarzen Mercedes-Van mit abgedunkelten Scheiben geladen worden. Nach diesem Fahrzeug sucht die Polizei. Die Fahrzeuge sollen von jenen 15 Saudi-Arabern benutzt worden sein, die am Tag von Khashoggis Verschwinden mit zwei Gulfstream-Privatjets nach Istanbul gekommen und wenig später wieder ausgereist waren; einige hatten Diplomatenpässe benutzt. Erdoğan sagte, es werde ermittelt, was sie in der Türkei getan hätten.

Inzwischen verlangen auch die USA Aufklärung, der wichtigste Verbündete Saudi-Arabiens. Präsident Donald Trump zeigte sich "besorgt", Außenminister Mike Pompeo forderte Riad auf, eine gründliche Untersuchung zu unterstützen und deren Ergebnisse offenzulegen. Khashoggi war im Herbst 2017 aus Angst vor Verhaftung in seinem Heimatland ins Exil in die USA gegangen und hatte dort eine Kolumne für die Washington Post geschrieben, in der er immer wieder den Kronprinzen kritisierte.

In Saudi-Arabien dagegen werfen regierungsnahe Medien der Türkei und Katar vor, den Fall zu politisieren, sprechen von einer "orchestrierten Kampagne" gegen das Königreich, hinter der Unterstützer der Muslimbruderschaft stünden, die Riad als Terror-Organisation eingestuft hat. Der Fernsehsender al-Arabiya verbreitete eine Stellungnahme von Khashoggis Familie, in der diese sich ähnlich äußert und ihr Vertrauen in die saudische Regierung bekräftigt.

© SZ vom 10.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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