Türkei:Neuer Widerstand

Wie Erdoğan neue Rivalen erwachsen.

Von Christiane Schlötzer

Mit viel Pomp hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan soeben das neue Justizjahr eröffnet, in seinem Palast. 52 türkischen Anwaltskammern war das zu viel Zirkus. Sie boykottierten die Feier, weil sie schon wussten, was sie zu hören bekommen würden: dass Demokratie und Gewaltenteilung in der Türkei hohe Werte seien, ebenso wie die Unabhängigkeit der Justiz.

Die Wirklichkeit sieht leider ganz anders aus. Im kurdischen Südosten setzt die Regierung Großstadtbürgermeister ohne Gerichtsbeschluss einfach ab, die Stadträte können auch nach Hause gehen. Warum? Weil Erdoğan um seine Macht fürchtet. Die Wähler der prokurdischen HDP sollen künftig das Wählen lieber gleich lassen. Und schon gar nicht sollen sie der säkularen Opposition zu Erfolgen verhelfen - wie zuletzt in den Metropolen Istanbul und Ankara. Demokratische Wahlentscheidungen werden deshalb mit einem Federstrich zunichtegemacht.

Aber die Widerstände wachsen, das zeigt nicht nur der Anwaltsprotest. Der neue Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoğlu lässt sich bislang nicht einschüchtern, und der Kurde Selahattin Demirtaş dürfte für Erdoğan zum weiteren Rivalen werden. Demirtaş' Haftentlassung ist nicht mehr lange zu verhindern, sollte das Recht in der Türkei noch irgendetwas gelten.

© SZ vom 04.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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