Türkei:Erdoğan trotzt Trump

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Ankara erhebt Strafzölle auf US-Waren und reagiert damit auf "bewusste Angriffe" Amerikas. Amnesty-Ehrenvorsitzender kommt frei.

Von Christiane Schlötzer, Istanbul

Die Türkei hat den Handelskrieg mit den USA verschärft. Am Mittwoch kündigte sie eigene hohe Einfuhrzölle auf amerikanische Produkte an, darunter Autos, Kohle, Alkohol, Tabak und Kosmetika. Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay sagte, Ankara reagiere damit auf "bewusste Angriffe der amerikanischen Regierung" auf die türkische Wirtschaft. US-Präsident Donald Trump hatte am vorigen Freitag die Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium aus der Türkei erhöht und so den Verfall der türkischen Lira beschleunigt.

Die USA kritisierten die Zollerhöhungen der Türkei scharf. Dies sei ein Schritt in die falsche Richtung, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders. Die Türkei importiert aus den USA auch deutsche Luxusautos der Marken BMW und Mercedes. Nicht auf der neuen Zolltabelle stehen iPhones. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte die Türken aufgefordert, Apple-Handys zu boykottieren.

Die türkische Bankenaufsicht verschärfte im Zuge der Wirtschaftskrise die Bedingungen für die Nutzung von Kreditkarten. Sie verkürzte teils drastisch die Fristen für die in der Türkei sehr beliebten Ratenzahlungen für Konsumgüter. Damit soll den Banken geholfen werden, die Höhe ihrer offenen Kredite zu begrenzen.

Die türkische Lira stabilisierte sich am Mittwoch wieder leicht, obwohl ein Gericht bereits am Vormittag erneut einen Antrag auf Freilassung des US-Pastors Andrew Brunson abgelehnt hatte, dessen Schicksal zuletzt im Zentrum des Konflikts stand. Das Gericht gab den Fall aber an die nächst höhere Instanz ab, was die Möglichkeit einer Korrektur offenlässt. Hoffnungen in dieser Hinsicht wurden am Nachmittag genährt durch die überraschende Entlassung des Ehrenvorsitzenden von Amnesty International, Taner Kılıç, aus der Untersuchungshaft. Er war im Juni 2017 festgenommen worden. Ihm wurde wie Brunson vorgeworfen, "Putschisten" der verbotenen Gülen-Bewegung unterstützt zu haben.

Ebenso überraschend ließ die Türkei am Dienstagabend zwei griechische Soldaten frei. Sie waren im März an der Grenze festgenommen worden. Ihr Schicksal hatte das Verhältnis der beiden Nato-Staaten Türkei und Griechenland ebenso belastet wie der Fall Brunson das Verhältnis zwischen der Türkei und den USA.

Der Verband türkischer Industrieller forderte die Regierung auf, die Krise diplomatisch zu lösen und auch das Verhältnis zur EU zu verbessern. Erdoğan telefonierte am Mittwoch mit Kanzlerin Angela Merkel. Laut staatlicher türkischer Agentur Anadolu hat Merkel ihr Interesse an einer starken türkischen Wirtschaft betont. Erdoğan wird am 28. September in Berlin erwartet. Unterstützung erhält die Türkei von Katar. Der Emir des arabischen Landes, Tamim bin Hamad al-Thani, sagte Erdoğan Direktinvestitionen in Höhe von 15 Milliarden Dollar zu. Katar erklärte, das Emirat werde eine Reihe von Investitionen tätigen. Informationen aus türkischen Regierungskreisen zufolge soll das Geld in die Finanzmärkte fließen und an Banken gehen.

© SZ vom 16.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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