Türkei:Ende der Gockelei

Der Streit um Incirlik und die Armenien-Resolution ist beendet. Die Türkei hat den Theaterdonner rechtzeitig gestoppt.

Von Stefan Kornelius

Nicht immer lässt sich diplomatische Symbolik mit einfachen Worten erklären. Der Umgang von Staaten steckt voller Codes: Botschafter werden einbestellt und abberufen; Unterhändler ringen um Wortstellungen in Kommuniqués; selbst im fernen China ist es entscheidend, ob die Kanzlerin zum türkischen Präsidenten geht oder der Präsident zur Kanzlerin.

Wer über diese Formen der Machtdemonstration hinwegsehen kann, ist am Ende der bessere Politiker. Gewinner und Verlierer lassen sich schnell konstruieren, viel wichtiger aber ist der langfristige Erfolg in der Sache. In der Sache ist der Umgang mit der Türkei dann ein Erfolg, wenn sich Recep Tayyip Erdoğan an Regeln hält, etwa im Umgang mit Bündnispartnern. Ein noch größerer Erfolg wäre es, wenn er sich auch im Umgang mit inneren Gegnern an Standards des Rechtsstaates hielte. Erdoğan daran zu erinnern ist umso leichter, je mehr man ihn an der Seite weiß. Die Bindung an EU und Nato ist auch eine Wertebindung. Und die türkische Politik hatte durchaus Gelegenheit darüber nachzudenken, was die Verabschiedung aus einer Wertegemeinschaft für das Land bedeutet.

Der Incirlik- und der Armenien-Streit sind also beigelegt. Das ist vernünftig. Echte Opfer musste die deutsche Seite jedenfalls nicht bringen. Das Gegockel der letzten Wochen war lediglich gut für ein bisschen öffentliche Empörung.

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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