Türkei:Kölner Sozialarbeiter darf weiter nicht ausreisen

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Adil Demirci saß zehn Monate in Untersuchungshaft. (Foto: dpa)
  • Der in der Türkei angeklagte deutsch-türkische Sozialarbeiter Demirci darf das Land weiterhin nicht verlassen.
  • Der Kölner Demirci war im April 2018 während seines Urlaubs in der Türkei festgenommen worden.
  • Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei vor.

Der wegen Terrorvorwürfen angeklagte Kölner Sozialarbeiter Adil Demirci muss weiter in der Türkei bleiben. Ein Gericht in Istanbul lehnte während der dritten Verhandlung im Verfahren am Dienstag einen Antrag auf Aufhebung der Ausreisesperre ab.

Auf den nächsten Verhandlungstermin muss er nun noch einmal fast sechs Monate lang warten: Erst am 15. Oktober soll der Prozess fortgesetzt werden. Der 33 Jahre alte Demirci reagierte verärgert. "Das ist sehr enttäuschend für mich. Ich hatte damit gerechnet, dass ich heute (nach Deutschland) zurückkehren kann." Seine Familie sei "im Schock". Vor der Verhandlung hatte Demirci der Deutschen Presse-Agentur gesagt, er wolle sein Leben in Köln wiederhaben und mache sich Sorgen um seine Mutter, die in Deutschland lebt und schwer an Krebs erkrankt sei.

Demirci, der sowohl die deutsche als auch die türkische Staatsangehörigkeit hat, war im April 2018 während des Urlaubs in Istanbul wegen Terrorvorwürfen festgenommen worden. Nach etwa zehn Monaten in türkischer Untersuchungshaft war er im Februar auf freien Fuß gesetzt worden. Istanbul durfte er aber nicht verlassen. Seine Anwälte hatten am Dienstag einen Antrag auf Aufhebung der Ausreisesperre eingereicht.

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Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei vor. Die MLKP gilt in der Türkei als Terrororganisation. Die Anklage datiert ihre Vorwürfe zurück in die Jahre 2013 bis 2016. Damals hatte Demirci teilweise in der Türkei gelebt und überlegt, ob er dort seinen Doktor der Sozialwissenschaften machen solle.

In jener Zeit ging er auch zu Beerdigungen von türkischen "Linken": unter ihnen Mitglieder der MLKP, die in Nordsyrien an der Seite der kurdischen Miliz YPG gegen die Terrormiliz IS gekämpft hatten. Die Beerdigungsbesuche stehen nun als Beweis für seine angebliche terroristische Gesinnung in der Anklageschrift.

Demirci hat väterlicherseits kurdische Wurzeln. Er arbeitete in der Türkei unter anderem als Übersetzer für die linke Nachrichtenagentur Etha - so wie auch Meşale Tolu. Die Journalistin kurdisch-türkischer Herkunft war Ende April 2017 ebenfalls in Istanbul verhaftet worden. Mehr als fünf Monate war sie zusammen mit ihrem damals zweijährigen Sohn Serkan in einem Istanbuler Frauengefängnis eingesperrt. Vor der Verhandlung hatte Demirci gesagt: "Meine Anwälte und ich hoffen, dass es einen ähnlichen Verlauf nimmt wie bei Mesale Tolu".

Eine ganze Serie ähnlicher Fälle hatte ab 2017 die deutsch-türkischen Beziehungen schwer belastet. Der prominenteste U-Häftling: Welt-Reporter Deniz Yücel. Wegen Terrorvorwürfen saß er bis Februar 2018 ein Jahr ohne Anklageschrift im Istanbuler Gefängnis Silivri. Tolu und Yücel durften nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis aus der Türkei ausreisen. Die Gerichtsprozesse gegen sie laufen derweil weiter.

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