Truppenabzug:US-Militärpolitik irritiert Verbündete

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Berlin, Warschau und der Nato-Generalsekretär zeigen sich beunruhigt über die Ankündigung des amerikanischen Präsidenten Trump, Truppen aus Deutschland abzuziehen.

Von Daniel Brössler und Matthias Kolb, Brüssel/Berlin

Auch nach der offiziellen Bestätigung durch US-Präsident Donald Trump, die Zahl der in Deutschland stationierten US-Soldaten auf 25 000 zu begrenzen, fühlt sich die Bundesregierung nicht ausreichend informiert. "Wir haben noch keine genaueren oder detaillierten Informationen darüber, wann wo was umgesetzt werden soll", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag bei einem Besuch in Warschau. Die amerikanische Truppenpräsenz sei nicht nur wichtig für Deutschland und die USA, "sondern auch für die Sicherheit Europas insgesamt".

Ähnlich äußerte sich Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). "Diese Soldatinnen und Soldaten sind in Deutschland und in Europa als Sicherheitsgarantie für alle in der Nato, für das gesamte Bündnis", sagte sie am Dienstagabend in Berlin. Es gebe derzeit im deutsch-amerikanischen Verhältnis den "einen oder anderen schrilleren Ton". Die Nato, so die Ministerin, "ist keine Handelsorganisation und Sicherheit ist keine Ware. Die Nato gründet sich auf Solidarität und auf Vertrauen." Trump hatte klargemacht, dass er Berlin für ihm zu geringe Verteidigungsausgaben bestrafen will. Kritisch gesehen wird der geplante Truppenabzug auch in Polen, das als neuer Standort aus Deutschland verlegter Soldaten im Gespräch ist. Die US-Präsenz in Deutschland sei auch "förderlich" für die polnische Sicherheit, sagte Polens Außenminister Jacek Czaputowicz. Zwar hätten die USA begonnen, eine stärkere und dauerhafte Truppenpräsenz in Polen aufzubauen. Dies habe aber nichts mit einem möglichen Abzug aus Deutschland zu tun. "Die Präsenz der Amerikaner in Deutschland ist für die ganze Nato von Bedeutung", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor zweitägigen Gesprächen der Verteidigungsminister. Auch er betonte, es sei noch nicht entschieden, wann und wie das Vorhaben umgesetzt werden solle.

Stoltenberg berichtete von einem Telefonat mit dem Nato-skeptischen Präsidenten, in dem er die Bedeutung der Stützpunkte für die US-Außenpolitik hervorgehoben habe. Explizit nannte er das Hauptquartier für Militäroperationen in Afrika: "Das US-Afrika-Kommando ist nicht in Afrika. Das US-Afrika-Kommando ist in Europa, in Stuttgart."

Der Generalsekretär hob hervor, dass sich das militärische Engagement der USA in Europa seit 2014 klar gesteigert habe, um auf die Annexion der Krim durch Russland und Moskaus Investitionen in moderne Waffensysteme zu reagieren. Die Nato wird an diesem Mittwoch mit einem Maßnahmenpaket auf die Stationierung atomwaffenfähiger russischer Marschflugkörpern in Europa reagieren. So sollen mehr bodengestützte Luftverteidigungssysteme installiert werden und mehr Übungen mit Atombombern oder nuklear bewaffneten U-Booten erfolgen. Dafür ist die Nato auf US-Fähigkeiten angewiesen. Die Aufstellung neuer landgestützter atomarer Mittelstreckenwaffen durch die Nato sei jedoch nicht geplant, so Stoltenberg.

© SZ vom 17.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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