Trauer um Margaret Thatcher:"Ich verneige mich mit stillem Gruß und in tiefem Respekt"

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Große Premierministerin, große Britin und große Inspiration: Zahlreiche Politiker würdigen die verstorbene Margaret Thatcher. (Foto: DPA)

Die Nachricht vom Tod Margaret Thatchers ruft große Anteilnahme hervor. Die Queen und zahlreiche Politiker würdigen die legendäre Premierministerin. Auch Helmut Kohl, der mit Thatcher ein "Wechselbad der Gefühle" erlebte, nimmt respektvoll Abschied.

Schon kurz nachdem sich die Nachricht von ihrem Tod verbreitet hat, haben Bürger vor Margaret Thatchers Haus im Londoner Diplomatenviertel Belgravia Blumen niedergelegt. Im Alter von 87 Jahren ist die frühere britische Premierministerin nach einem Schlaganfall gestorben.

Die Downing Street - der Amtssitz des derzeitigen britischen Premiers David Cameron - teilte inzwischen mit, dass Thatcher mit militärischen Ehren in der Londoner St. Paul's Cathedral beigesetzt werden wird. Ihren eigenen Wünschen zufolge werde ihr Leichnam aber nicht öffentlich aufgebahrt werden.

Vor allem britische Würdenträger und Politiker reagierten mit Trauer auf die Todesnachricht.

Die britische Königin Elizabeth II. drückte ihre Bestürzung über den Tod der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher aus. Die Königin sei "traurig, diese Nachricht zu hören". Sie werde im Laufe des Tages eine private Nachricht der Anteilnahme an die Familie Thatcher senden, sagte ein Sprecher des Buckingham Palace.

Der britische Premierminister David Cameron erklärte, er habe die Nachricht "mit großer Traurigkeit" aufgenommen. "Wir haben eine großartige Führungspersönlichkeit verloren, eine großartige Premierministerin und eine große Britin." Auf Twitter äußerte er sich noch etwas pathetischer.

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Wegen des Todes von Thatcher will der Regierungschef seine Tour durch europäische Hauptstädte abbrechen und nach London zurückkehren.

Vize-Premier Nick Clegg von den Liberaldemokraten würdigte Thatcher als "eine der bestimmenden Figuren der modernen britischen Politik". Egal, auf welcher Seite der politischen Debatte man stehe: Niemand könne der Tatsache widersprechen, dass sie in dem Land, dem sie gedient habe, einen einzigartigen und bleibenden Eindruck hinterlassen habe. "Sie mag während ihrer Zeit in der Politik geteilte Meinungen ausgelöst haben, aber heute sind wir alle darin vereinigt, die Stärke ihrer Persönlichkeit und den Radikalismus ihrer Politik zu würdigen", so Clegg.

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Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl hat sich erschüttert über den Tod Thatchers gezeigt. "Ich habe Margaret Thatcher wegen ihrer Freiheitsliebe, ihrer unvergleichlichen Offenheit, Ehrlichkeit und Geradlinigkeit sehr geschätzt", teilte Kohl mit. Thatcher sei "eine aufrechte Kämpferin und Vertreterin der Interessen ihres Landes" gewesen. Der CDU-Politiker bezeichnete sie als "großartige" Frau und Premierministerin.

In Kohls Amtszeit war es zu etlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Politikern gekommen, unter anderem über den Kurs der EU und die deutsche Einheit, der Thatcher zunächst skeptisch gegenüberstand. Der Alt-Kanzler räumte ein, dass sein Verhältnis zu Thatcher immer auch ein "Wechselbad der Gefühle" gewesen sei. "Trotz allen unterschiedlichen Auffassungen in manchen Sachfragen war es bis zuletzt aber vor allem ein respektvoller Umgang miteinander. Und so verneige ich mich mit stillem Gruß und in tiefem Respekt."

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist die Verstorbene "eine der überragenden Führungspersönlichkeiten der Weltpolitik ihrer Zeit". Sie habe früh die Kraft der Freiheitsbewegungen Osteuropas erkannt. "Ihren Anteil an der Überwindung der Teilung Europas und am Ende des Kalten Krieges werde ich nicht vergessen", sagte Merkel. Auch Thatchers Rolle als Frau in einem hohen Staatsamt hat Merkel offenbar imponiert: "Indem sie sich zu Zeiten, als dies noch nicht selbstverständlich war, als Frau im höchsten demokratischen Amt behauptete, hat sie vielen nach ihr ein Beispiel gegeben", so die Kanzlerin.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle bezeichnete Thatcher als eine große Politikerin, die Großbritannien, Europa und die ganze Welt geprägt habe. Thatcher zähle zu den wenigen Menschen, bei denen man schon zu Lebzeiten gewusst habe, dass sie große Geschichte geschrieben habe. "Für die Geschichte Europas und der Welt hinterlässt sie ein großes Erbe", sagte Westerwelle in Berlin. "Wir schauen voller Bewunderung auf ihr Lebenswerk."

US-Präsident Barack Obama hat mit Bedauern auf den Tod von Thatcher reagiert. "Mit dem Tod von Baroness Margaret Thatcher hat die Welt eine der großen Verfechterinnen der Freiheit verloren und Amerika eine wahre Freundin", sagte der Präsident laut einer in Washington verbreiteten Mitteilung. Als erste Regierungschefin Englands sei sie Vorbild für viele Frauen.

Auch George Bush senior, der während seiner Amtszeit als US-Präsident Ende der 1980er Jahre eng mit Thatcher zusammengearbeitet hatte, äußerte sich zum Tod der "Eisernen Lady": "Margaret war mit Sicherheit eine der stärksten Befürworterinnen von Freiheit und freien Märkten im gesamten 20. Jahrhundert."

"Ich bin sehr traurig, vom Tod von Baroness Thatcher zu hören", twitterte der konservative Londoner Bürgermeister Boris Johnson. "Die Erinnerung an sie wird noch lange andauern, wenn die Welt die in grauen Anzügen gekleideten Männer der heutigen Politik längst vergessen hat."

Die britische Zeitung Guardian veröffentlicht in einem Live-Blog auf ihrer Online-Seite die Reaktionen zahlreicher britischer Würdenträger und Politiker. Darunter auch ein Statement von Ed Miliband, dem Chef der Labour Party: "Ich möchte mein empfundenes Mitleid ausdrücken, vor allem gegenüber den Kindern. Thatcher wird als einzigartige Figur in Erinnerung bleiben. Sie hat die Politik einer ganzen Generation geprägt. Die Labour Party war zwar mit vielem, was sie tat, nicht einverstanden. Aber wir respektieren trotzdem ihre politischen Errungenschaften und bewundern ihre persönliche Stärke."

Tony Blair, der für die Labour Party von 1997 bis 2007 Premierminister war und nach eigenen Angaben bei seiner eigenen Reformpolitik sehr von Thatchers Entscheidungen profitiert hat, sagte dem Guardian: "Nur sehr wenige politische Führungspersönlichkeiten bekommen die Chance, nicht nur die Politik ihres Landes zu bestimmen, sondern das Geschehen auf der ganzen Welt. Margaret Thatcher war genau so eine Führungspersönlichkeit."

"Sie wird nicht nur als erste weibliche Premierministerin in Erinnerung bleiben, die mehr als elf Jahre regierte, sondern auch für ihre Entschlossenheit und Widerstandsfähigkeit, die sie Zeit ihres Lebens ausgezeichnet haben", sagte Gordon Brown, der von 2007 bis 2010 Premierminister war.

John Major von der konservativen Tories, der nach einem parteiinternen Putsch im Jahr 1990 an die Stelle Thatchers rückte, hat seine Vorgängerin als "Naturgewalt" und "politisches Phänomen" gewürdigt. Ihre Wirtschafts- und Gewerkschaftsreformen sowie ihr Einsatz für die Falklandinseln stelle sie "über die normale Politik". "Alle, die mit ihr zusammengearbeitet haben, werden sich immer an ihren herausragenden Charakter erinnern: Ihren Mut und ihre Willenskraft in der Politik, ihre Menschlichkeit und geistige Großzügigkeit im Privaten", sagte der frühere Premier.

Nigel Farage, dem Chef der Europa-kritischen UK Independence Party, sagte Thatcher sei "für ihn persönlich eine große Inspiration" gewesen. "Egal, ob man sie liebte oder hasste, niemand kann bestreiten, dass sie eine große Patriotin war, die leidenschaftlich an dieses Land und seine Menschen glaubte."

Der konservative britische Arbeitsminister Iain Duncan Smith teilte demnach mit, dass die Veränderungen, die Thatcher 1979 begonnen habe, ihn damals daran glauben ließen, "dass es nun, endlich, wieder einen wirklichen Sinn und wirkliche Führerschaft in der Politik" gebe. "Sie dominierte die britische Politik wie ein Koloss", konstatierte der Minister und sprach von einer "furchtbar traurigen Nachricht".

"Margaret Thatcher hat die britische und europäische Politik mitgeprägt", heißt es in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). "Trotz unserer klaren politischen Differenzen ist Margaret Thatcher eine Gestalt von geschichtlicher Bedeutung." Unabhängig von der Frage, ob man ihr politisch zustimme, habe sie gezeigt, "dass Politik nach wie vor eine Kraft des Wandels ist".

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso würdigte Thatcher als "große Politikerin": "Sie wird sowohl wegen ihrer Beiträge als auch wegen ihrer Vorbehalte zum Projekt Europa in Erinnerung bleiben", sagte Barroso in Brüssel vor Journalisten. Thatcher sei "eine vorsichtige und dennoch engagierte Akteurin in der Europäischen Union" gewesen.

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