Tourismus:Reisen halal

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Immer mehr Hotels bieten islamfreundlichen Urlaub an.

Von Titus Arnu

Das "Adenya" sieht auf den ersten Blick aus wie ein typisches All-inclusive-Resort an der türkischen Südküste. Das Fünf-Sterne-Hotel bei Antalya verfügt über Pools, Restaurants, Saunen und drei Strände mit weißem Sand. Aber was auffällt, sind die meterhohen Trennwände, die das 5000 Quadratmeter große Gelände durchziehen. Männer und Frauen baden getrennt, das Hotel wirbt damit, dass die Damenbereiche zu 100 Prozent abgeschirmt sind. Nur am Familienstrand dürfen die Geschlechter gemeinsam planschen - falls die Damen Burkini tragen und die Herren knielange Badeshorts.

Das Adenya-Resort ist ein zertifiziertes Halal-Hotel, in dem alles auf die Bedürfnisse von muslimischen Touristen zugeschnitten ist. Jedes der 289 Zimmer ist mit Gebetsteppich und Koran ausgestattet, ein Pfeil weist in Richtung Mekka. In den Restaurants werden nur Speisen serviert, die nach den islamischen Reinheitsregeln zubereitet wurden. Schweinefleisch und Alkohol sind tabu. Das Unterhaltungsprogramm wartet mit "hervorragenden Bauchtanz-Shows" auf. Selbst die Toiletten des Luxusresorts sind halal - sie verfügen über Dusch-WCs, damit sich die Gäste nach islamkonformer Art säubern können.

"Halal" ist das arabische Wort für erlaubt. Der Begriff bezieht sich nicht nur auf die Zubereitung von Fleisch. Auch andere islamkonforme Handlungen sind damit gemeint, von der Geschäftswelt bis zum Toilettengang. Im Tourismus kommt dem Reinheitsgebot eine immer größere Bedeutung zu. Der muslimische Fremdenverkehr wächst derzeit so stark wie kein anderes Segment der Branche. "Unsere Kundenzahlen verdoppeln sich jährlich", sagt Ufuk Seçgin, Mitinhaber der Firma halalbooking.com mit Sitz in London. Das liege an einer neuen muslimischen Mittelschicht in Ländern wie der Türkei, sagt Seçgin, aber auch an dem Wunsch von Muslimen, einen stressfreien Urlaub zu erleben, der ihren persönlichen Bedürfnissen entspricht. 2018 zählte halalbooking.com 300 000 Kunden aus 84 Ländern. 248 Milliarden Euro, erwartet eine Studie des Marktforschungsinstituts Dinar-Standard, könnte das islamisch geprägte Reisen im Jahr 2022 weltweit an Umsatz einfahren.

Luxushotels in München, Berlin und London haben sich längst auf die Extrawünsche reicher muslimischer Gäste aus den Golfstaaten eingestellt, vom Gebetsteppich in der Suite bis zur Halal-Speisekarte. Nun haben auch Mittelklassehotels in Spanien, der Türkei und Marokko das Thema entdeckt. Über spezielle Websites wie halalbooking.com oder www.halaltrip.com finden Interessierte mehrere Hundert islamfreundliche Reiseangebote, vom Luxusresort auf den Malediven bis zum Städtetrip nach London.

Bei den Buchungsportalen scheinen die meisten nach Strandresorts mit exklusiven Frauen- und Männerstränden zu suchen. "Unser Hauptaugenmerk liegt auf Menschen, die einen gemäßigten Islam praktizieren", sagt Ufuk Seçgin, "unsere Kunden möchten, dass ihre Kinder nicht dem Alkohol ausgesetzt sind und die Frauen ungestört im Bikini baden können." Die größte Gruppe seiner Kunden, immerhin 24 Prozent, kommt übrigens nicht aus der Türkei oder den Golfstaaten - sondern aus Deutschland.

© SZ vom 17.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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