Tory-Rebellen:"Ich werde meine Partei verteidigen"

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"Kampf meines Lebens": Der frühere britische Schatzkanzler Philip Hammond - hier beim Verlassen von Downing Street No. 10 - ist Wortführer der Tory-Fronde. (Foto: Daniel Leal-Olivas/AFP)

Viele der Johnson-Gegner zählen zum alten Establishment der Konservativen. Die meisten dürften ihre politische Zukunft verspielt haben.

Von Reymer Klüver

Es liest sich wie eine Ehrenliste der Konservativen Partei. Unter den 21 Rebellen, die Premier Boris Johnson die Gefolgschaft bei seinem harten Brexit-Kurs verweigert haben, sind nicht weniger als acht ehemalige Minister; manche von ihnen waren noch vor wenigen Wochen in Amt und Würden. Zahlreiche Parlamentsveteranen zählen zu den Abtrünnigen. Unter ihnen ein Mann, den viele bisher als eine, wenn auch eigenwillige Institution der Partei und des Parlaments verehren, und der Enkel eines nationalen Heroen. Angeführt wurden sie von Philip Hammond, dem eher spröden Schatzkanzler von Ex-Regierungschefin Theresa May.

Es war ein Showdown mit Ansage. Die wenigsten der 21 Abweichler hatten mit ihrer ablehnenden Haltung bisher hinter dem Berg gehalten. Am Dienstagmorgen hatte Premier Boris Johnson die Wortführer sogar noch zu einem Vermittlungsgespräch nach Downing Street gebeten, nachdem Hammond der BBC gesagt hatte, dass er genug Stimmen aus den Reihen der Konservativen zusammenhabe, um Johnsons Brexit-Durchmarsch zu stoppen. Augen- oder besser Ohrenzeugen des Treffens berichteten später, dass es rasch zu einem erhitzten Wortgefecht zwischen Johnson und Hammond gekommen sei. Die Rebellen bezeichneten Johnsons wortreiche Erklärungsversuche, warum sie seinem Kurs Folge leisten sollten, kühl als "nicht überzeugend".

Hammond nannte in einem Radiointerview sein Aufbegehren den "Kampf meines Lebens". Tatsächlich hatte er immer wieder, schon als Minister unter Theresa May, vor gravierenden wirtschaftlichen Folgen eines Brexit - zumal eines harten - gewarnt. Er kündigte an, vor Gericht zu ziehen, sollte Downing Street die Ankündigung wahrmachen und ihn aus der Partei ausschließen.

Für die meisten der Abtrünnigen dürfte es das Ende ihrer Karriere bedeuten

Tatsächlich könnte der Aufstand das Karriere-Aus für die meisten bedeuten. Alle 21 wurden umgehend aus der Fraktion geworfen; ihnen droht nun - wie Hammond - zudem ein Parteiausschlussverfahren. Der Guardian zitierte allerdings einen ungenannten Abgeordneten mit den Worten: Wenn überhaupt, dann hätten die Drohungen aus Downing Street das Gegenteil des erwünschten Effekts gehabt, "denn wer sich unter diesen Umständen entscheidet, doch noch die Regierung zu stützen, der sagt nichts anderes, als dass ihm die Karriere wichtiger ist als seine politische Überzeugung".

Offenbar war die Zeit für politische Bekenntnisse gekommen. "Ich werde meine Partei verteidigen", versprach Hammond am Dienstag. Nicholas Soames, Enkel des Kriegspremiers Winston Churchill, erklärte, dass er "sehr schweren Herzens" gegen den Premier aufbegehre, aber dass ihm nun keine Wahl bleibe. David Gauke, ehemaliger Justizminister, gab zu Protokoll, dass ein No-Deal-Brexit ein schwerer Fehler sein würde und er sich nicht zum "Komplizen" einer Politik machen wolle, die am Ende viele Briten ihren Arbeitsplatz koste. Und Kenneth Clarke, der europafreundliche Grandseigneur der Konservativen alter Schule, ging sogar noch weiter. Er erkenne seine Partei nicht wieder, schimpfte er und ätzte unter Anspielung auf die neue Partei des EU-Ausstiegs-Paten Nigel Farage: "Sie ist nurmehr die Brexit-Partei in neuer Verpackung."

© SZ vom 05.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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