Tiere:Sitz, Platz und hilf!

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Assistenzhunde dürfen künftig mit in den Supermarkt.

Von Titus Arnu

Shackys Besitzerin hat keine Arme - der Golden Retriever hilft im Alltag. (Foto: Johannes Eisele/dpa)

"Sitz" und "Platz", danach ist es bei manchen Hunden leider schon aus. Viel mehr haben sie nicht gelernt in ihrer kurzen Hundeschullaufbahn. Im Vergleich mit solchen vierbeinigen Nieten ist Kito ein Superhirn. Der Labradorrüde kann auf Befehl seines Frauchens heruntergefallene Gegenstände aufheben, Türen mit Hilfe eines Ziehknäuels öffnen und auf Wunsch beim Sockenanziehen helfen. Kito arbeitet als Assistenzhund für eine Rollstuhlfahrerin. Für diesen Job wurde er lange und gründlich ausgebildet.

Assistenz- und Therapiehunde können komplexe Aufgaben übernehmen, bei denen durchschnittlich begabte Hunde nur verblüfft mit den Ohren schlackern. Blindenführhunde leiten sehbehinderte Menschen sicher durch den Straßenverkehr. Signalhunde können gehörlose Menschen auf Geräusche im Haushalt oder Diabetiker auf eine Unter- oder Überzuckerung aufmerksam machen. Es gibt Hunde, die vor Migräneanfällen warnen, mit Autisten zusammenleben oder Körperbehinderten im Haushalt helfen. Servicehunde sind dafür trainiert, den Geschirrspüler einzuräumen, Lichtschalter zu betätigen, Schubladen zu öffnen oder Wäsche in die Waschmaschine zu stopfen - fehlt nur noch, dass sie anschließend bügeln.

In den USA gibt es Begleit-Schweine, Begleit-Katzen und sogar Begleit-Pfauen

In den USA sind "emotionale Unterstützungstiere" zu allen möglichen Zwecken anerkannt. Es wurden schon Begleit-Schweine, Begleit-Katzen und sogar Begleit-Pfauen in Flugzeugen gesichtet. So weit ist man in Deutschland noch nicht, vielleicht ist das auch besser so. Immerhin stärkt ein neues Gesetz vom 1. Juli an die Rechte von Menschen, die auf einen Assistenzhund angewiesen sind. Das sogenannte Teilhabestärkungsgesetz soll Menschen mit Behinderung in Begleitung von Assistenzhunden den Zutritt zu öffentlichen Gebäuden, Arztpraxen oder Lebensmittelläden besser ermöglichen - und zwar auch dort, wo Hunde sonst verboten sind. In einem weiteren Schritt soll die Ausbildung von Assistenzhunden einheitlich geregelt werden.

Bisher gibt es auf diesem speziellen Bildungssektor kaum Normen und offiziell anerkannte Prüfungen. Jeder Tierliebhaber kann sich "Hundetrainer" nennen und Assistenzhunde-Seminare anbieten. Damit lässt sich viel Geld verdienen. Die Ausbildung eines geeigneten Tieres dauert zwei bis drei Jahre und kostet 20 000 bis 30 000 Euro, besonders aufwendig ist sie für Blindenhunde. Die Tiere müssen mindestens zwölf Monate grundsozialisiert werden, daran schließen sechs bis neun Monate spezifisches Training für die jeweilige Aufgabe an. Die Trainerinnen arbeiten oft mit Patenfamilien zusammen, bei denen die Azubis wohnen, bis sie die Meisterprüfung ablegen.

Blindenhunde sind als Hilfsmittel anerkannt, nicht alle Kosten werden jedoch von den Krankenkassen übernommen, etwa für die Prüfungen. "Es ist ein großes Problem, dass es in Deutschland keine geregelte Assistenzhunde-Ausbildung und keine geregelten Prüfungen dafür gibt", sagt Alexandra Hilgers, Assistenzhunde-Trainerin in Bedburg bei Köln. Der Markt ist ebenso lukrativ wie unübersichtlich. "Mit dem neuen Gesetz werden die Rechte von Menschen mit Assistenzhunden gestärkt, was ja auch zu begrüßen ist", sagt Hilgers, "aber das ganze Drumherum müsste man ebenfalls dringend besser regeln." In Wirklichkeit liegt der Hund also woanders begraben.

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